Bundeswehr Neue Chefin des Beschaffungsamts: Sind „Zeitenwende-Motor“
Das Bundeswehr-Beschaffungsamt gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Bei der Rüstungsbeschaffung drückt die neue Präsidentin jetzt aufs Tempo.
Koblenz - Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr wird nach Einschätzung der Präsidentin des Beschaffungsamtes im kommenden Jahr vollständig ausgegeben sein. Für zwei Drittel des Geldes seien Bestellungen in Auftrag gegeben, sagte Präsidentin Annette Lehnigk-Emden am Donnerstag in Koblenz.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte die 62-Jährige vor rund vier Monaten von der Vizepräsidentin zur Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) gemacht.
„In diesem Jahr werden wir noch Verträge in zweistelliger Milliardenhöhe schließen, sowohl aus dem Wehretat als auch aus dem Sondervermögen finanziert“, kündigte Lehnigk-Emden an. Damit erhalte die wehrtechnische Industrie Planungssicherheit zum Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten. „Aber dann muss sie auch liefern - und zwar schnell.“
Das aus dem Sondervermögen Bestellte werde 2024 und 2025 erwartet, einiges wie die Tarnkappenbomber F-35 aber auch erst ab 2026. Ziel ihrer Behörde sei eine „schnellstmögliche Lieferung“. „In der viel zitierten Zeitenwende sind wir hier der Zeitenwende-Motor.“
Kernauftrag rückt wieder ins Zentrum
Die materielle Ausstattung in der Bundeswehr habe in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem durch die Fokussierung auf Auslandseinsätze gelitten, stellte Lehnigk-Emden fest. Nun stehe der Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung wieder im Mittelpunkt. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass so eine Neuorientierung insbesondere mit Blick auf das Material nicht innerhalb weniger Wochen und Monate aufgeholt werden kann“, betonte die Juristin.
„Wir haben funktionierende Systeme“, sagte sie zur Ausstattung der Bundeswehr. „Die Gewehre schießen, die Flugzeuge fliegen, die Schiffe schwimmen und die U-Boote tauchen.“ Es gehe nun darum, das Sondervermögen effektiv zu investieren. Ein Umbau ihrer viel kritisierten Behörde sei dafür nicht nötig. „Denn grundlegende Strukturen zu ändern, würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Stattdessen würden Verfahren vereinfacht. Das Amt werde sich von vielen internen rechtlichen Auflagen und Prozessschritten befreien, „die wir uns in der Vergangenheit zusätzlich zum rechtlichen nationalen Rahmen selbst auferlegt haben“.
Zu dem jüngsten Fall eines mutmaßlichen Spions im Beschaffungsamt verwies die Präsidentin auf den Generalbundesanwalt. Ermittler des Bundeskriminalamtes hatten vor wenigen Tagen einen Mitarbeiter der Behörde wegen des Verdachts auf geheimdienstliche Agententätigkeit für Russland festgenommen. „Bei uns ist grundsätzlich jeder sicherheitsüberprüft, der sicherheitskritische Tätigkeiten wahrnimmt“, sagte Thomas Scheibe, Leiter des Presse- und Informationszentrums der Behörde.
Das Bundesamt ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Hauptaufgabe ist die Ausstattung der Bundeswehr mit leistungsfähigem und sicherem Gerät, jedoch gibt es seit Jahren Kritik an den langen Entscheidungswegen. Immer wieder liefen auch Kosten aus dem Ruder. Von den insgesamt rund 12.500 Vollzeitstellen des BAAINBW und seiner zehn Außenstellen sind derzeit etwa 2000 nicht besetzt.