Klima Klimaproteste bei Parteien: Ruf nach härteren Strafen
Aktionen von Klimademonstranten gibt es derzeit fast täglich in Berlin. Oft sorgen diese für Staus - und Wut bei Autofahrern. Nach einem Unfall spitzt sich die Diskussion zu.
Berlin (dpa) - Ungeachtet der schärfer werdenden Kritik an ihrem Vorgehen haben Klimademonstranten in Berlin ihre Protestaktionen fortgesetzt. Drei Menschen klebten sich am Mittwoch laut Polizei an die Hausfassade der Bundesgeschäftsstelle der Grünen in Berlin-Mitte. Zudem seien die Fassade und ein Auto mit oranger Farbe beschmiert worden.
Insgesamt seien sechs Menschen beteiligt gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Etwa zeitgleich gab es am späten Vormittag Aktionen an den Parteizentralen von SPD und FDP. Die Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ teilte mit, die Zentralen aller Regierungsparteien seien mit oranger Farbe besprüht worden.
„Orange Farbe wird durch Warnwesten und Banner viel mit der Letzten Generation in Verbindung gebracht, aber auch mit orangen Gefängnis-Overalls“, hieß es von der Gruppe. „Die Todesspirale aus Klimakipppunkten beginnt sich bereits zu drehen und keine der Parteien hat einen Plan, das noch in den Griff zu bekommen“, kommentierte die Protestgruppe ihre Aktionen.
Am Willy-Brandt-Haus in Kreuzberg hatten dabei zwei Frauen einen Feuerlöscher entleert und die Außenfassade beschmiert, wie die Polizeisprecherin schilderte. Bei der FDP in Berlin-Mitte hätten sich zwei Personen am Hauseingang festgeklebt. Zudem gab es laut Polizei am Platz der Vereinten Nationen eine Blockadeaktion von neun Aktivisten. An allen Orten waren Polizistinnen und Polizisten vor Ort, am Nachmittag seien alle Aktionen beendet gewesen.
Die Aktionen der „Letzten Generation“ sorgen bundesweit zunehmend für Unverständnis. Dazu beigetragen hat ein schwerer Unfall in Berlin, bei dem am vergangenen Montag eine Radfahrerin von einem Lastwagen überrollt worden war. Ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte die 44-Jährige zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn - wegen einer Aktion von Klimaaktivisten an einer Schilderbrücke.
„Wir gehen davon aus, dass sich dadurch die Rettung um mehrere Minuten verzögert hat“, sagte erneut ein Feuerwehrsprecher am Mittwoch. Allerdings sei auch die Bildung einer Rettungsgasse angesichts der Größe des Fahrzeugs problematisch gewesen. Laut Polizei ist die 44-Jährige weiter in einem kritischen Zustand und befindet sich auf der Intensivstation eines Krankenhauses.
Die Polizei ermittelt gegen zwei 63 und 59 Jahre alte Klimaaktivisten wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen. Es müsse - auch mit Sachverständigen - der kausale Zusammenhang zu den Blockaden geprüft werden, sagte eine Sprecherin.
Aus Sicht von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wären in bestimmten Fällen auch Gefängnisstrafen für Klimaaktivisten möglich. „Wer Kunstwerke bewirft, kann sich einer Sachbeschädigung strafbar machen. Eine Straßenblockade kann als Nötigung bestraft werden. Und wenn Rettungswagen ausgebremst werden, kommt auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung in Betracht“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). „Gesetze sehen neben Geldstrafen auch in bestimmten Fällen Freiheitsstrafen vor.“ Diese Gesetze gelte es auch durchzusetzen.
Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte eine härteren Umgang mit Klima-Aktivisten: „Warum landen Blockierer nicht mehrere Tage im Anschlussgewahrsam und bekommen die vollen Einsatzkosten in Rechnung gestellt?“, zitierte ihn die „Bild“-Zeitung. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat bislang rund 730 Verfahren (Stand 25. Oktober) zu den anhaltenden Aktionen auf den Tisch bekommen. Nach Angaben der Polizei gab es seit 24. Januar in der Hauptstadt mehr als 240 Aktionen von Klimademonstranten. In 102 Fällen (Stand 21. Oktober) wurden Aktivisten demnach von der Polizei zur Kasse gebeten und mussten eine Gebühr von jeweils 241 Euro zahlen.
Auf eine entsprechende Frage eines Journalisten hin, betonte die Bundesregierung, dass sie die Aktionen von Klimaaktivisten nicht als Terrorismus betrachte. „Da würde ich doch ein bisschen vorsichtig mit der Wortwahl sein“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Die jüngsten Schmierereien seien eine Ordnungswidrigkeit, aber dem Begriff Terrorismus wolle er nicht das Wort reden.
Grünen-Politikerin Renate Künast sagte, diese Form des Protests führe in eine „Sackgasse“, weil der Kern des Problems nicht mehr diskutiert werde, sondern nur noch die Frage, ob es sich um einen legitimen Protest handele. „Ich finde, es macht keinen Sinn. Es ist eine Sackgasse“, sagte sie dem RBB-Inforadio.
Die Klima-Protestgruppe will mit ihren Aktionen Aufmerksamkeit erzeugen. Dazu gehören auch aufsehenerregende Störmanöver wie etwa vor gut einer Woche im Potsdamer Museum Barberini: Dort wurde das mehr als 100 Millionen Euro teure Gemälde mit Kartoffelbrei beworfen, passiert ist dem Kunstwerk hinter Glas dabei nichts. Am vergangenen Wochenende klebten sich zwei Frauen im Berliner Museum für Naturkunde an die Haltestangen eines Dinosaurierskelettes. Aktionen dieser Art gibt es derzeit häufiger - auch im Ausland.