Notfälle Einheitliche Standards für Rettungsdienst geplant
Wenn es gesundheitlich brenzlig wird, sollen Rettungswagen und Notärzte rasch zur Stelle sein. Doch im überlasteten System gibt es Mängel und Probleme. Nun werden Reformpläne konkret.
Berlin - Für den Rettungsdienst zur schnellen Hilfe bei Notfällen sollen nach Plänen der Ampel-Koalition bundesweit einheitliche Standards kommen. „Der Schutz von Leib, Leben und Gesundheit darf nicht von der Postleitzahl abhängen“, sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. Dafür solle künftig ein Qualitätsausschuss aus Ländern und Krankenkassen sicherstellen, „dass Menschen überall auf die gleiche hohe Versorgungsqualität, einheitliche Standards und kooperative Schnittstellen vertrauen können.“
Rettungsdienst künftig eigener Leistungsbereich
Die Koalition will eine Neuorganisation des Rettungsdienstes in ein geplantes Gesetz für eine Reform der Notfallversorgung in Kliniken und Praxen aufnehmen, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt hatte. Ein nun vorliegender Entwurf dafür sieht vor, den Rettungsdienst als eigenständigen Leistungsbereich zu begründen. Damit soll die Vergütung der Kosten dafür „nicht mehr im Sinne von Fahrkosten von der Durchführung eines Transportes abhängig gemacht“ werden, heißt es in dem Entwurf der Koalitionsfraktionen, der der dpa vorliegt.
Dahmen erläuterte, mit der Aufnahme des Rettungsdienstes ins Sozialgesetzbuch werde endlich eine fundierte und differenzierte Regelung geschaffen. „So stellen wir sicher, dass sinnvolle neue Versorgungsangebote des Rettungsdienstes wie der Einsatz von Telenotärzten, Gemeindenotfallsanitätern oder auch die stärkere Kooperation mehrerer Leitstellen künftig angemessen finanziert werden.“
Katalog für Verbesserungen bei Notrufen
Um bundesweite Mindeststandards abzusichern, soll laut dem Entwurf ein „Qualitätsausschuss“ beim Bundesgesundheitsministerium eingerichtet werden. Ihm sollen je vier Mitglieder auf Vorschlag der Länder und der gesetzlichen Krankenkassen angehören. Das weisungsunabhängige Gremium soll einen Katalog mit Empfehlungen zu Strukturen und Prozessen erlassen: etwa zur Qualifikation des Personals und zur Ausstattung von Leitstellen, wozu auch „Telenotärzte“ zur Unterstützung einer fachgerechten Patientenversorgung gehören.
Entwickelt werden sollen zudem Standards zum automatisierten Orten von Notrufen und zu softwaregestützten Abfragesystemen bei Notrufen. Befassen soll sich der Ausschuss auch mit der Förderung von Erster Hilfe durch Laien und einer Einbindung registrierter Ersthelfer über mobile Alarmierungs-Apps. Im Blick steht außerdem die Nutzung einer standardisierten und vernetzten Software in Leitstellen auch über Landkreis- und Ländergrenzen hinweg.
Rufe nach moderneren Leitstellen
Hintergrund sind bereits seit längerem bestehende Probleme und Überlastungen. So mahnte die Björn-Steiger-Stiftung Verbesserungen in den bundesweit mehr als 240 Leitstellen an. Sie müssten mit standardisierten, qualitätsgesicherten Abfragealgorithmen entscheiden, ob es bei einem Notruf um einen Bagatellfall oder um Leben und Tod gehe. Notwendig seien auch ein technischer Schub und größere Organisationseinheiten - etwa um eine Anleitung zur Wiederbelebung umsetzen zu können. Bisher gebe es Leitstellen, in denen nachts teils zwei Leute sitzen.
Dahmen sagte, Mahnungen von Expertinnen und Experten seien über Jahre ignoriert worden. „Die Folge sind überlastete Notaufnahmen und Rettungsdienste, steigende Kosten und eine oft nur durchschnittliche Versorgungsqualität.“ Die Reform sorge dafür, dass auch jene, die keinen Transport oder Krankenhausaufenthalt benötigten, durch spezialisierte Angebote wie Telenotfallmedizin, Notfallpflegeteams und psychiatrische Krisendienste gut versorgt seien.
In welche Klinik fährt der Rettungswagen?
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte einheitliche Standards wichtig. „Jedoch werden Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall vom Rettungsdienst viel zu oft in ein ungeeignetes Krankenhaus eingeliefert“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Nicht alle Kliniken seien beispielsweise darauf spezialisiert. Solche Fehlentscheidungen von Leitstellen würden aber gesetzlich nicht konsequent ausgeschlossen.