Fragen und Antworten Cannabis: Wie die Legalisierung in Deutschland aussehen soll
Kiffen wird voraussichtlich ab April 2024 legal. Grund genug, sich das neue Gesetz einmal genauer anzuschauen. Wir präsentieren alle Antworten rund um Cannabis und dessen Legalisierung.
Magdeburg/DUR. Cannabis wird in Deutschland legalisiert. Das dazugehörige Gesetz wurde in der Bundestagssitzung vom 23. Februar mehrheitlich verabschiedet. Nun muss das neue Gesetz am 22. März nur noch durch den Bundesrat gebilligt werden. Aufgrund massiver Kritik von Gesundheitspolitikern und Juristen könnte das Gesetz bei der entscheidenden Bundesratssitzung Ende März tatsächlich noch verschoben oder abgewandelt werden.
Das Cannabis-Gesetz muss vom Bundesrat zwar nicht zwingend gebilligt werden. Sollte jedoch gegen das Gesetz gestimmt werden, könnte der Bundesrat die Legalisierung von Cannabis ausbremsen. Durchsetzen könnte es der Bundestag danach zwar trotzdem - allerdings erst deutlich später.
In jedem Fall würde das Vorhaben die bisherige Drogenpolitik im Land radikal umkrempeln. Es lohnt sich also, das vom Bundestag beschlossene Gesetz einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Was genau ist Cannabis?
Cannabis ist der lateinische Name für Hanf. Das Harz an den Blüten der weiblichen Pflanze enthält laut Deutschem Hanfverband hohe Konzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC), das ist der Stoff mit der Rauschwirkung.
Lesen Sie auch: Welt-Cannabis-Tag am 20. April: Was steckt hinter dem Kiffer-Feiertag?
Wie ist die Wirkung von Cannabis?
Werden die getrockneten knollenartigen Blüten geraucht oder Produkte mit THC konsumiert, werden Nutzer „high“: Sie geraten je nach Menge und Konzentration in einen heiteren, oft albernen Zustand. Bei manchen Menschen ruft die Droge aber auch Angstzustände und Panik hervor. Der Rausch-Höhepunkt dauert ungefähr eine halbe Stunde an und ebbt dann langsam ab. Ein typisches Anzeichen dafür, dass jemand „bekifft“ ist, sind stark gerötete Augen.
Warum will die Politik Cannabis legalisieren?
Mit einer Legalisierung von Cannabis planen Politiker, den unkontrollierten Handel und Konsum über den Schwarzmarkt und damit die organisierte Kriminalität einzudämmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht außerdem vor, den Jugendschutz zu erhöhen.
Wann wird Cannabis legalisiert?
Ein zentrales Projekt der Ampel-Koalition ist die begrenzte Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken. Im neuen Legalisierungsgesetz ist vorgesehen, dass Konsumenten Cannabis künftig über nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen beziehen können. Ab dem 1. April 2024 soll der Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene mit Einschränkungen straffrei werden.
Wie alt muss man sein, um Cannabis zu rauchen?
Das Mindestalter für eine Mitgliedschaft in einem Cannabis-Club beträgt 18 Jahre. Der Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis bleibt für Minderjährige weiterhin verboten. Im Gegensatz zur aktuellen Gesetzgebung sieht der neue Entwurf aber vor, dass Minderjährige nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.
Zum Schutz Minderjähriger sollen aber einige Strafen verschärft werden. Über 21-Jährige dürfen demnach weder zum Anbau oder Kauf von Cannabis anstiften noch dabei unterstützen. Dafür droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Für den Weiterverkauf an Minderjährige droht eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren.
Wie man am besten mit einer Cannabis-Sucht umgeht, erfahren Sie hier.
Wo kann man Cannabis legal kaufen?
Ab 1. Juli 2024 ist es Vereinigungen voraussichtlich erlaubt, Cannabis anzubauen. Diese sind an Cannabis-Clubs, wie es sie beispielsweise in einigen Regionen Spaniens und Maltas bereits gibt, angelehnt und sollen nicht gewinnorientiert arbeiten. Jedes Mitglied darf täglich 25 Gramm Cannabis erwerben, bis zu einer monatlichen Menge von 50 Gramm. Des Weiteren dürfen Mitglieder maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat zum Eigenanbau erhalten.
Das Mindestalter für eine Mitgliedschaft beträgt 18 Jahre. Bei Mitgliedern unter 21 Jahren wird außerdem die zu besitzende Gesamtmenge auf 30 Gramm pro Monat reduziert und das Cannabis darf keinen THC-Gehalt von über zehn Prozent aufweisen.
Lesen Sie auch: Magdeburg geht ersten Schritt Richtung Cannabis-Modellregion
Die Droge darf nur in einer „neutralen Verpackung“ mit Beipackzettel ausgegeben werden, auf dem Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte und Wirkstoffgehalt angegeben sind. Räume und Grundstücke der Cannabis-Clubs müssen umzäunt und einbruchssicher gestaltet werden.
Gewächshäuser brauchen einen Sichtschutz. Jeder Verein soll ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept erstellen und einen Sucht- und Präventionsbeauftragten benennen müssen, der sich schulen lassen und regelmäßige Auffrischungsschulungen machen muss.
Wo darf man künftig legal kiffen?
Rund um Schulen, Kitas, Spielplätze und öffentliche Sportstätten soll der Konsum von Cannabis in einem Radius von 200 Metern verboten werden. In Fußgängerzonen ist das Rauchen von Cannabis zwischen 7:00 und 20:00 Uhr untersagt.
Wo das Kiffen in Sachsen-Anhalt künftig trotzdem verboten werden soll, lesen Sie hier.
Muss man für Cannabis Steuern zahlen?
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass auf Cannabis-Produkte, Umsatzsteuer sowie eine gesonderte „Cannabis-Steuer“ fällig werden.
Wie verbreitet ist Cannabis eigentlich in Deutschland?
Das Bundesgesundheitsministerium verweist hier auf repräsentative Befragungen aus dem Jahr 2021. Darin gaben 8,8 Prozent aller Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren an, in den letzten 12 Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben.
Bei den Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren sagten 9,3 Prozent, schon einmal im Leben Cannabis probiert zu haben. 1,6 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe gaben regelmäßigen Konsum an. Bei den jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) hatte die Hälfte schon einmal probiert. 8,6 Prozent gaben regelmäßigen Konsum in den vergangenen zwölf Monaten an.
Wie Autofahrer im Bezug auf Cannabis-Konsum wissen müssen, erfahren Sie hier.
Welche Bedenken gibt es bei Cannabis-Konsum aus medizinischer Sicht?
Laut Experten führt langfristiger Cannabis-Konsum zu seelischen, sozialen und körperlichen Risiken. Nach heutigem Kenntnisstand werden durch den Konsum keine gravierenden Hirnschäden, wie sie unter anderem von Alkohol bekannt sind, verursacht. Mehrere Studien geben jedoch Hinweise, dass der regelmäßige Cannabis-Konsum einen Zusammenhang zu Psychosen liefert. Diese treten bei Cannabis mit einem THC-Gehalt von über 10 Prozent deutlich häufiger auf.
Lesen Sie auch: Medizin sieht Cannabis-Freigabe kritisch
Cannabis-Legalisierung: Welche Kritik gibt es?
Hier tobt eine aufgeladene Debatte: Befürworter und die Bundesregierung argumentieren damit, dass die Verbotspolitik gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft wird. "Dann lieber qualitativ korrekte Produkte begrenzt freigeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt", so das Argument. Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden, heißt es aus der Politik.
Die Innenminister der Bundesländer hingegen sehen weitreichende Mängel in der Beschlussvorlage. Die SPD Innenpolitiker Sebastian Fiedler und Sebastian Hartmann fordern aktuell sogar einen Stopp des Gesetzes und eine vollständige Überarbeitung.
Wie der "Tagesspiegel" berichtet, prangern die beiden SPD-Politiker eine zu hohe Besitzgrenze von 25 Gramm an. Auch der örtlich kaum eingeschränkte Konsum und die mögliche Produktion in Privatwohnungen sehen die Politiker in ihrem Brandbrief als kritisch. Des Weiteren sei die Grenze von 200 Metern zu Kitas, Schulen und Co. kaum einzuhalten.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang hat sich klar gegen eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Sie bezeichnete eine mögliche Legalisierung als "falschen Schritt". Laut Zieschang werde die Beschaffungskriminalität eher zu als abnehmen.
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie die Legalisierung von Cannabis in Deutschland angenommen wird oder ob sich die öffentliche Kritik bewahrheitet.