Theater Anschreiben gegen Steuerfahndung: Jelineks Text uraufgeführt

Berlin - Das Deutsche Theater in Berlin hat den neuen Text von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek (76) auf die Bühne gebracht. In „Angabe der Person“ setzt sich die Österreicherin unter anderem mit dem Steuer- und Finanzsystem, mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust, mit ihrer eigenen Familiengeschichte, dem Schreiben und Deutschland auseinander.
Ausgangspunkt für den Text ist nach Angaben des Verlags ein Steuerverfahren, mit dem Jelinek konfrontiert war. Das Ermittlungsverfahren sei zwar längst eingestellt, aber es seien selbst intimste E-Mails ausgewertet worden. Jelinek nehme das zum Anlass, auf ihre „Lebenslaufbahn“ zurückzublicken.
Regisseur Jossi Wieler bringt den Text, der im November erschien, nun auf die Bühne. Die Schauspielerinnen Fritzi Haberlandt („Babylon Berlin“), Susanne Wolff („Styx“) und Linn Reusse („Die Rote Zora“) sprechen zunächst jeweils einen langen Monolog.
Wie es gewesen sei, den Text vor etwas über einem halben Jahr erstmals zu lesen? „Wir waren alle aufgeregt“, wird Regisseur Wieler im Programmheft zitiert. Einen noch unpublizierten Theatertext von Jelinek in Händen zu halten, sei immer etwas Besonderes. „Der ganze Vorgang hat etwas Konspiratives: die Datei im Posteingang, der Drucker, der spuckt und spuckt und gar nicht aufhört, 150 eng beschriebene Seiten, und bei jeder Seite, die aus dem Drucker kommt: Vorfreude, sogar ein bisschen Entdeckerstolz, aber sofort auch eine leise Beklemmung angesichts des Fülle des Materials.“
Während des Theaterabends steht nun auch der Text im Vordergrund. Das Bühnenbild ist minimal gehalten. Die Schauspielerinnen tragen ähnliche Kostüme, erinnern damit ein wenig an Jelinek. Bernd Moss („Der Palast“) ist am Freitagabend in einer weitgehend schweigsamen Rolle zu sehen gewesen. Der Text springt etwa vom Skifahren und der Pandemie zu Steueroasen. Vor allem aber ist es ein persönlicher Text. Die zweieinhalb Stunden erfordern Konzentration, werden aber mit tollen Schauspielerinnen belohnt, allen voran Fritzi Haberlandt.