Bundeshaushalt An der Kompromissgrenze: Wofür die Ampel Geld ausgeben will
Lange hat die Ampel verhandelt, jetzt ist der Bundestag am Zug. Ganz ist die Koalition ihre Geldsorgen aber nicht los. Und künftig könnte es mit dem Haushalt noch schwieriger werden.
Berlin - Wie eng es bei den Haushaltsverhandlungen zuging, macht Finanzminister Christian Lindner nochmal klar: „Wir haben keine Mühe gescheut, auch an die Grenzen der Kompromissfähigkeit innerhalb des Kabinetts heranzugehen“, sagt der FDP-Vorsitzende, als er den Etat für 2025 in Berlin vorstellt. Kurz zuvor hat der mühsam erstrittene Entwurf die erste offizielle Hürde genommen: Er wurde im Bundeskabinett beschlossen, jetzt kann er an den Bundestag weitergeleitet werden.
Mehr als 480 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung im nächsten Jahr ausgeben, fast ein Zehntel davon auf Kredit. Manche Ideen stehen allerdings weiterhin auf wackligen Beinen: Ob der Ampel-Plan trägt, wird noch verfassungsrechtlich geprüft. Ein Haushaltsbeschluss im Bundestag ist für Ende November vorgesehen.
Doch so schwierig das alles diesmal scheint, es könnte von künftigen Haushalten noch übertrumpft werden, warnt Lindner. „Erhebliche Anstrengungen liegen vor uns.“ Das gelte vor allem für den Etat 2028 mit einer außerordentlichen Planungslücke von rund 39 Milliarden Euro. Dann muss Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben ohne das Sondervermögen für die Bundeswehr erreichen. „Über die Auflösung dieses Handlungsbedarfs werden wir in diesem Land reden müssen“, betonte Lindner. Nötig sei eine „politische Richtungsentscheidung“. Gemeint ist die Grundsatzfrage: Höhere Steuern und Schulden, ja oder nein? Er selbst sei deshalb „sehr motiviert“, auch nach der nächsten Bundestagswahl Finanzminister zu sein.
Die wichtigsten Zahlen aus dem Etat 2025
Insgesamt hat der Haushalt für das kommende Jahr ein Volumen von 480,6 Milliarden Euro. Das sind rund acht Milliarden weniger als in diesem Jahr. 78 Milliarden Euro weist das Finanzministerium als Investitionen aus - ein Rekordniveau.
Lindner plant dabei mit neuen Krediten in Höhe von 43,8 Milliarden Euro - ebenfalls etwas weniger als in diesem Jahr. Dieses Geld darf die Bundesregierung laut Grundgesetz trotz Schuldenbremse aufnehmen. SPD und Grüne spielen weiterhin laut mit dem Gedanken, im parlamentarischen Verfahren doch noch eine Ausnahme für höhere Kredite geltend zu machen, die FDP hält dagegen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte
Die Ampel-Koalition will mit dem Haushalt für 2025 gleichzeitig die Wirtschaft wieder ankurbeln, Sozialleistungen erhalten und der angespannten internationalen Sicherheitslage gerecht werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekommt zusätzliches Geld, so dass Deutschland die Nato-Quote von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts übertrifft. Bundespolizei, Bundeskriminalamt und andere Sicherheitsbehörden werden mit rund einer Milliarde Euro gestärkt.
Außerdem werden Familien durch ein höheres Kindergeld und einen höheren Kinderzuschlag für berufstätige Eltern mit geringen Löhnen unterstützt. Insgesamt sind für 2025 und 2026 steuerliche Entlastungen von etwa 23 Milliarden geplant, auch durch eine Anhebung von Freibeträgen bei der Lohn- und Einkommensteuer.
Kein Sparhaushalt
Wenn es um Verhandlungen geht, stellt sich Lindner gern als knallhart dar. Ein ausgeglichener Haushalt sei nur möglich, „indem wir den Appetit der Politik nach immer höheren Staatsausgaben bremsen“, sagte er in einem von seinem Ministerium veröffentlichten Video.
Seine Ministerkollegen müssten lernen, sich zu beschränken. „Die Hauptaufgabe war es, die einzelnen Ministerien auf den sogenannten Finanzplan zu bringen, also das, was vorab schon geplant war an Staatseinnahmen“, sagt Lindner.
Tatsächlich zeigt der Vergleich des Haushaltsentwurfs mit dem im vergangenen Jahr aufgestellten Finanzplan für 2025, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner gar keinen so harten Sparhaushalt geschnürt haben. Fast alle Ministerien sollen letztlich doch mehr Geld bekommen, als ihnen im vergangenen Jahr zugesagt wurde.
Vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) darf mehr Geld ausgeben, ebenso Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Verteidigungsminister Pistorius. Das Wirtschaftsministerium und das Entwicklungsministerium müssen sich dagegen in etwa mit dem zufriedengeben, was Lindner ihnen schon im vergangenen Jahr zugestehen wollte.
Die Wette auf Wirtschaftswachstum
Dass es keine großen Einsparungen gibt, bedeutet aber auch, dass für einen ausgeglichenen Haushalt Kunstgriffe nötig sind. So will Lindner Zinsausgaben haushaltstechnisch künftig anders verbuchen. Er hofft außerdem, dass durch ein Paket für mehr Wirtschaftswachstum, dessen Eckpunkte das Kabinett auch beschloss, rund sechs Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen hereinkommen. Geplant sind Verbesserungen bei Abschreibungen von Investitionen, außerdem will die Ampel Bürokratie abbauen und energieintensive Firmen bei den Strompreisen entlasten. Arbeitnehmer sollen Anreize bekommen, mehr und länger zu arbeiten. Auch für ausländische Fachkräfte soll es steuerliche Anreize geben. Für Bürgergeld-Bezieher sind Verschärfungen vorgesehen.
Der Acht-Milliarden-Kunstgriff
Und dann ist da noch die sogenannte globale Minderausgabe von 17 Milliarden Euro. Damit wettet die Bundesregierung zum einen darauf, dass die Ministerien ohnehin nicht das gesamte Geld in dem Jahr ausgeben werden. Das Vorgehen ist durchaus üblich, die Summe aber sehr hoch.
In den 17 Milliarden sind aber auch acht Milliarden Euro enthalten, für deren Finanzierung die Bundesregierung schon eine Idee hat, die aber verfassungsrechtlich womöglich auf tönernen Füßen steht. So könnte unter anderem Geld, das die Aufbaubank KfW für die Gaspreisbremse nicht verwendet hat, für andere Zwecke genutzt werden. Ob das wasserfest wäre, wird noch geprüft. Genauso muss Lindner klären lassen, ob Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft durch Darlehen ersetzt werden können. Lassen sich die drei Ideen nicht umsetzen, müssten SPD, Grüne und FDP womöglich doch nochmal neu verhandeln.
Scholz kontert Kritik der Union: Haben nicht getrickst
Die oppositionelle Union hält das für zutiefst unseriös. „Mit Scheinlösungen versucht die Regierung, Handlungsfähigkeit vorzutäuschen“, kritisierte Haushälter Christian Haase. Dieser Haushaltsentwurf diene einzig dem Machterhalt der Ampel und sei „eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen Praktiken“.
Bundeskanzler Olaf Scholz wies die Kritik zurück. Die Regierung habe nicht getrickst, „das ist alles gut zueinander gefügt worden“, sagte der SPD-Politiker im ARD-„Interview der Woche“. „Wir haben uns sehr genau bemüht, entlang der Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht formuliert hat und die sich aus dem Grundgesetz ergeben, diesen Haushalt aufzustellen“, betonte Scholz. An die Adresse der Kritiker fügte er hinzu, einige seien wahrscheinlich enttäuscht, dass die Regierung einen Haushalt hinbekommen habe.