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Deutsch-russische Beziehungen Deutsch-russische Beziehungen: Schröder, Putin und Energie für die Wirtschaft

Von Bärbel Böttcher 09.10.2003, 18:33

Die Russen kommen - heißt es auf der Buchmesse in Frankfurt. Na endlich, möchte man meinen. Denn wenn es richtig ist, dass gerade die Literatur das beste Mittel ist, ein Land kennen zu lernen, können nicht genug Bücher aus dem Osten herangeschafft werden. Zu viele Klischees und Vorurteile beherrschen noch die Sicht der Menschen hier zu Lande.

In Jekaterinburg heißt es derweil: die Deutschen kommen. In erster Linie, um über die Zusammenarbeit beider Länder vorwiegend auf dem Energiesektor zu reden. Auch hier muss man sagen: Es wird Zeit. Die Amerikaner sind längst da. Von einer russisch-amerikanischen Energieallianz ist die Rede. Vor einiger Zeit hat Russland angefangen, Öl in die USA zu exportieren. Im Norden wird an einer neuen Infrastruktur gebaut, um den Energieexport zu vereinfachen. Jetzt kehren auch US-Investoren zurück, die nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems 1998 das Weite gesucht haben.

Bei den Deutschen besteht Nachholbedarf. Seit langem wird beklagt, dass das Niveau der politischen Beziehungen zwischen Berlin und Moskau viel höher liegt, als das der wirtschaftlichen. Am Ural betätigen sich nun Gerhard Schröder und Wladimir Putin als Anschieber. Die beiden haben in der letzten Zeit eine Menge dafür getan, dass die Voraussetzungen für eine "strategische Wirtschaftspartnerschaft" heute so gut wie nie zuvor sind. Das Wichtigste: Sie handelten eine Regelung aus, wie Russland seine Altschulden tilgen wird. Das hat zunächst den Blick nach vorn frei gemacht.

Putin wiederum verordnete seinem Land Reformen, die zu greifen beginnen. In diesem Jahr wird an der Moskwa mit einem Wirtschaftswachstum von sieben Prozent gerechnet. Passend zur Kanzler-Visite haben entsprechende Institute geurteilt, dass die Kreditwürdigkeit Russlands gestiegen ist. Zudem finden ausländische Investoren in Russland heute bessere Bedingungen denn je vor. Steuer- und Zollreform sei Dank. Und so konnten gestern beruhigt zahlreiche Wirtschaftsprojekte vereinbart werden.

Auch sonst herrscht eitel Sonnenschein in den deutsch-russischen Beziehungen. "Kaum verbesserbar" seien auch sein Verhältnis zu Putin, schwärmt der Kanzler. Da beschleicht einen schon fast ein ungutes Gefühl. Wird das eine Neuauflage des Prinzips Männerfreundschaft à la Kohl-Jelzin? Es stimmt schon nachdenklich, dass es Freund Gerhard offenbar nicht stört, wenn die Demokratisierung im Inneren Russlands mit dem flotten außenpolitischen Westkurs des Freundes Wladimir nicht Schritt hält. Und auch Tschetschenien ist ein Tabu-Thema. Hatte Schröder nicht mit Blick auf George Bush und den Irak-Krieg gesagt, man müsse Freunde auch mal kritisieren dürfen?

Doch blicken wir noch einmal auf die Buchmesse. Dort ist Tschetschenien schon ein Thema. Dafür sorgt unter anderem die russische Menschenrechtsorganisation Memorial, die ein Buch über den Konflikt vorstellt, das MZ-Korrespondent Florian Hassel herausgibt. Passenderweise mit dem Titel: Der Krieg im Schatten.