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Deutsch-russische Beziehungen Deutsch-russische Beziehungen: Neue Sachlichkeit und Vertrauen in die Zukunft

Von Bärbel Böttcher 27.04.2006, 17:01

Halle/MZ. - Regelmäßige Spitzentreffen und nicht zuletzt die seit 1998 jährlich stattfindenden Regierungskonsultationen - wie jetzt in Sibirien - halten die Beziehungen lebendig.

Was die mitunter verkniffenen wirkenden Gesichter von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Wladimir Putin beim Gipfel Tomsk allerdings aussagen: Die Beziehungen sind sachlicher geworden. Das Prinzip Männerfreundschaft, das erst zwischen Boris Jelzin und Helmut Kohl, dann zwischen Wladimir Putin und Gerhard Schröder funktionierte, hat lange den Blick für die Realität verstellt. Nun ist das Problematische - das immer vorhanden war - sichtbarer.

Und - unabhängig davon, wer in Deutschland Kanzler ist - das Konfliktpotenzial wird größer. Russland hat in den letzten Jahren ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. Putin hat das Land stabilisiert - wenn auch mit Mitteln, die Europa teilweise für fragwürdig hält. Die wachsenden Energieexporte bescheren dem Land jedenfalls Reichtum. Und der Kreml nutzt seine neue Stellung als Energieimperium, um Druck auf andere Staaten auszuüben.

Gespürt haben das zuerst die ehemaligen Sowjetrepubliken wie etwa die Ukraine. Als Moskau dort zeitweilig den Gashahn zudrehte, beschlich auch in Deutschland so manchen das ungute Gefühl, Russland könnte sich als nicht ganz zuverlässiger Energielieferant erweisen. Bestätigt wird das nun durch die Putinschen Drohgebärden, dass sich sein Land bei weiterer Benachteiligung auf dem europäischen Energiemarkt stärker zu asiatischen Abnehmern hinwenden könne.

Deutschland bezieht derzeit etwa 34 Prozent der Erdöl- und 42 Prozent der Erdgasimporte aus Russland. Experten gehen davon aus, dass die Einfuhren aus den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien zurückgehen, die aus Russland aber steigen werden. Ab 2020, so die Berechnungen, werden bis zu 60 Prozent der Erdgasimporte aus Russland kommen. Die Abhängigkeit steigt also. Ob sich die Deutschen darüber Sorgen machen müssen, hängt davon ab, wohin sich Russland politisch entwickelt - auch vor dem Hintergrund, dass Putins Amtszeit in knapp zwei Jahren endet und eine Wiederwahl laut russischer Verfassung nicht möglich ist.

Dass es in Deutschland gleichwohl Vertrauen in die russische Zukunft gibt, zeigen die zahlreichen Wirtschaftsabkommen, die in Tomsk unterzeichnet wurden. Und nur am Rande: Über drei Millionen Russen lernen Deutsch. Das sind mehr Menschen als in der gesamten restlichen Welt. Es ist deshalb nicht schwer vorauszusagen: Die deutsch-russische Partnerschaft bleibt - trotz mancher Widrigkeit - eng.