Derenburger Glasmanufaktur Derenburger Glasmanufaktur: Glasmacher beliefern Kunden in der ganzen Welt

Derenburg/dpa. - Seit rund fünf Jahrzehnten hat das Kunsthandwerk aus dem Harz einen guten Ruf, seit Mitte der neunziger Jahre haben sich die dortigen Glasmacher auf Leuchten spezialisiert. Über mangelnde Nachfrage können sie nicht klagen, gerade zum Jahresende brummt das Geschäft. Was das neue Jahr bringt, ist indes unklar: Das Land als Eigentümer will sich wegen der Haushaltssanierung von dem Traditionsbetrieb trennen und sucht einen Käufer. "Wir können über 500 Leuchten-Formen fertigen, erfüllen jeden Sonderwunsch", sagt Geschäftsführer Volker Arnold. "Etwas Vergleichbares finden Sie in Deutschland kaum."
Zum Profil der Manufaktur mit 40 Beschäftigten, darunter 16 Lehrlinge, gehören moderne Lampen in frischen Farben für aktuelle Programme von Wohnraumausstattern. Standbein sind daneben Spezialanfertigungen nach historischem Vorbild, etwa für denkmalgeschützte Gebäude. Auch mit Künstlern und Designstudenten arbeiten die Derenburger, die zum Beispiel auch Vasen herstellen, zusammen. "Wir haben eine Marktnische gefunden und uns etabliert", sagt Arnold. 1,6 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschafteten die Harzer Glasmacher zuletzt.
Der Vertrieb erfolgt über die Zusammenarbeit mit Raumausstattern, jedoch überwiegend direkt. Zu Ostern 2000 wurde in Derenburg ein zweistöckiges Einkaufszentrum eröffnet, in dem nicht nur heimische, sondern auch Glasprodukte anderer Hersteller verkauft werden. "130 000 Besucher schauen jedes Jahr rein", berichtet Arnold. Sie kommen auch deshalb, weil sie den Glasmachern in der Hütte bei ihrer Arbeit zusehen können. Einer von ihnen ist der 35-jährige Michael Zappen, seit 18 Jahren im Betrieb. Kraftvoll bläst er in seine rund eineinhalb Meter lange Glasmacherpfeife, dreht sie dabei gleichzeitig, um den rot schimmernden Glasklumpen am anderen Ende, den er soeben aus dem 1 500 Grad heißen Gasofen geholt hat, in Form zu bringen.
"Alles muss gleichmäßig geschehen und genau aufeinander abgestimmt sein. Da gehört viel Erfahrung dazu", sagt er. Bis zu acht Leuchtformen fertigt Zappen pro Stunde. Er tut dies entweder frei oder nimmt Holzformen zu Hilfe. Bei 500 Grad nimmt das Glas seine endgültige Form an. Danach kommt es für mehrere Stunden auf eine Kühlbahn, ehe es durch Schleifen oder Polieren vollendet wird. Die Geschichte der Glasmanufaktur begann nach dem Krieg, als sich sudetendeutsche Heimatvertriebene aus Karlsbad oder Gablonz in Derenburg niederließen. 1949 wurde aus der Genossenschaft ein "volkseigener Betrieb", dessen "Konsumgüter" wie Vasen, Kerzenständer oder Leuchten zu DDR-Zeiten als Geschenke begehrt und nicht überall zu haben waren.
1966 wurde der Betrieb Teil der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein Halle: Studenten konnten dort eine praxisnahe Ausbildung erhalten und ihren Design-Phantasien freien Lauf lassen. 1993 schließlich übernahm das Land die Manufaktur von der Treuhandanstalt, auch um die weitere Praxisausbildung von Designstudenten aus Halle abzusichern.
"Derenburg ist eine hervorragende Symbiose aus Manufaktur und Kunst", sagt Sachsen-Anhalts Finanzminister Karl-Heinz Paqué (FDP). "Die öffentliche Hand sollte sich aber auf echte staatliche Aufgaben konzentrieren, deshalb ist die Manufaktur eines von mehreren Unternehmen, die das Land verkaufen will." Eine Veräußerung werde nur an einen seriösen Interessenten erfolgen, der das Unternehmen weiterführen will, versichert der Minister.
