Coronavirus-Kontrollen Coronavirus-Kontrollen: Warten Warten Warten - Stau-Chaos an Grenze zu Polen

Görlitz/Frankfurt/Oder - Kilometerlange Schlangen, Helfer, die mit Wasser und Essen kommen, Zähne putzen im Freien und die Suche nach einem Klo: Vor den Übergängen an der deutsch-polnischen Grenze stauen sich die Lastwagen wegen der Coronavirus-Kontrollen. „Die Menschen sind frustriert“, sagte Kai Kranich vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Sachsen - und sprach von einer „humanitär bedenklichen Situation“. Unter den Wartenden seien viele Familien mit Kindern, auch einige medizinische Notfälle.
Deutschland hat eine etwa 460 Kilometer lange Grenze zu Polen, Brandenburg davon den größten Anteil mit etwa 280 Kilometer. „Der Rückstau an den Brandenburger Übergängen wird immer länger“, sagte der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Brandenburg, Torsten Herbst. Auf der Autobahn 12 standen die Lkw am Mittwochmittag auf der rechten Spur etwa 50 Kilometer lang, auf der A 15 etwa 37 Kilometer und auf der A 11 etwa 10 Kilometer. „Immer wieder müssen wir an die Fahrer appellieren, eine Rettungsgasse frei zu lassen“, sagte er. Sei das gelungen, werde die aber kurze Zeit später wieder zugestellt.
Sachsens Ministerpräsident bittet Bundeswehr um Hilfe
Die polnischen Behörden hatten in der Nacht zu Mittwoch dann drei weitere Grenzübergänge in Brandenburg geöffnet: Küstrin an der Bundesstraße 1, die Stadtbrücke von Frankfurt (Oder) nach Slubice und Guben. Sie dürfen jedoch nur von Pkw, Kleinbussen und Bussen passiert werden. Für Lkw und den Güterverkehr sind sie tabu. Das ist in Brandenburg nur an der A 12 Übergang Swiecko, an der A 11 Pomellen und an der A 15 Bademeusel/Olzyna möglich - dort zusätzlich auch für Busse. Ein vierter Übergang kam in Sachsen hinzu: Zgorzelec kann sowohl vom Personen- als auch vom Güterverkehr genutzt werden.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Polenbeauftragter der Bundesregierung, hatte aufgrund der besonderen Situation mit dem polnischen Außenminister Jacek Krzysztof Czaputowicz telefoniert. „Ich bin sehr erfreut, dass so schnell gehandelt wurde und danke dafür den polnischen Kollegen“, betonte Woidke.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte wegen der schwierigen Lage die Bundeswehr um Hilfe gebeten. Nach Angaben des Landeskommandos Sachsen traf am Nachmittag ein Vorkommando der Panzergrenadierbrigade 37 aus Frankenberg vor Ort ein. Zudem befanden sich am Abend 50 Soldaten auf dem Weg zum Einsatzort, zunächst war von 80 die Rede. „Die Soldaten sollten zum Verteilen von Lebensmitteln eingesetzt werden und mit mehreren Fahrzeugen die im Stau stehenden Brummi-Fahrer versorgen“, hieß es.
Stau am Grenzübergang: Lastwagen an Lastwagen
Am Grenzübergang Ludwigsdorf bei Görlitz in Sachsen reihte sich am Mittwoch Lastwagen um Lastwagen, am Mittag stauten sich die Fahrzeuge bis zu den Abfahrten Uhyst und Salzenforst auf einer Länge von 50 Kilometern. Am Morgen waren es noch 60 Kilometer gewesen. Von Entspannung könne aber noch keine Rede sein, sagte eine Polizeisprecherin. Lücken wurden geschlossen, Pkws teilweise von der Autobahn abgeleitet - so habe man den Stau zumindest etwas verkürzen können, hieß es.
Zuvor hatte die Polizei nach Absprache mit den polnischen Behörden bereits PKW mit Kindern an die Grenze gebracht, damit diese bevorzugt behandelt werden. Anders als in Lastwagen gebe es in den Autos keine Schlafmöglichkeiten und oft keine Standheizung, so die Polizei. Mittlerweile sind alle Auffahrten auf die A4 zwischen Ohorn und Görlitz gesperrt.
Um eine weitere Verbreitung des Coronavirus zu erschweren, hatte Polen am Wochenende an Grenzübergängen zu Deutschland wieder Kontrollen eingeführt. Auf polnischer Seite werden Einreisende genau befragt, wohin die Fahrer wollen, woher sie kommen und wie der Gesundheitszustand ist, sagte der Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin, Jens Schobranski.
Fahrer müssen bis zu acht Stunden warten
Zu enormen Staus kam es auch auf der A 11 Berlin-Stettin (Szczecin) in Mecklenburg-Vorpommern. Lastwagen und Autos standen Richtung Polen bei Pomellen schon auf 36 Kilometern, wie eine Polizeisprecherin sagte. Damit müssten die Fahrer über Pomellen bis zu acht Stunden warten, ehe sie die Kontrollstelle mehrere hundert Meter hinter der Staatsgrenze erreichten.
Neben dem Technischen Hilfswerk (THW) war auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in der Nacht zum Mittwoch im Einsatz, rund 90 Helfer versorgten die Wartenden in Sachsen im Stau. Es gebe keine Toiletten, keine Versorgung mit Essen, hieß es. „Wir haben warme und kalte Getränke verteilt und Decken, weil die Nacht kalt war“, sagte Kai Kranich vom DRK Sachsen. Eine Nacht könne das DRK helfen, nicht aber auf Dauer. Das Landratsamt in Görlitz hatte innerhalb von Stunden rund 4000 Mahlzeiten unter den Wartenden verteilt. (dpa)