Chemie Chemie: Kerzenfabrik Salzwedel trotzt der Konkurrenz

Salzwedel/dpa. - In der Salzwedeler Kerzenfabrik GmbH herrscht mitten im Herbst Weihnachtsstimmung: Zweieinhalb Monate vor dem Fest laufen die Produktionsanlagen auf Hochtouren, die 60 Beschäftigten arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb. Bis zu zwei Millionen Kerzen laufen täglich vom Band. In den Lagern stapeln sich rund 10 000 Paletten mit den bunten Paraffin-Lichtern, die demnächst Weihnachtsbäume zieren oder in Wohnzimmern für heimelige Stimmung sorgen. Jedes Jahr um diese Zeit gibt es in der Firma besonders viel zu tun, die sich zu einem der bedeutendsten deutschen Kerzenhersteller gemausert hat.
«Und das, obwohl die Konkurrenz aus Europa und Asien immer stärker wird», erläutert Geschäftsführer Dietrich Jahn. «Auf rund 13 Millionen Euro belief sich der Umsatz im Vorjahr, in diesem Jahr wollen wie dieses Niveau halten.» Die Eigenmarke heißt «Yul». Vor allem Baumärkte und Drogerieketten beliefert das altmärkische Unternehmen, aber auch ausländische Kunden wie einen skandinavischen Möbelgiganten. Der Exportanteil liegt bei etwa zehn Prozent.
Ihren Anfang nahm die Kerzenproduktion in Salzwedel vor 30 Jahren. Damals suchte der Betrieb, der seit Anfang des 20. Jahrhunderts Leim und später Dünger herstellte, nach einem neuen Profil. Die Verantwortlichen kamen auf Kerzen - ein Beitrag zur Versorgung der DDR-Bevölkerung mit dringend benötigten Konsumgütern. Seit 1980 produzierte die Firma mit seinerzeit 200 Beschäftigten unter dem Dach des Verbundes «Wittol» - auch für den Export.
Nach Wende und Treuhandverwaltung übernahm die Vollmar GmbH (Rheinbach bei Köln) den volkseigenen Betrieb. Seither wurden laut Jahn rund 20 Millionen Euro in der Altmark investiert, wodurch eines der modernsten Kerzenwerke Europas entstand. Es verfügt neben neuen Fabrikhallen und Produktionsanlagen über zwei computergesteuerte, vollautomatische Hochregallager, in denen 30 000 Paletten mit Kerzen Platz finden. Eines der Lager umfasst 8, das andere 14 Stockwerke. «Die Strategie, den Standort Schritt für Schritt zu modernisieren und auszubauen, hat sich gelohnt», sagt Jahn.
Neun Produktionslinien rattern in der Fabrik. Dort werden Haushalts- oder Adventskerzen aller Art zumeist gezogen: Endlose Baumwolldochte werden immer wieder durch ein rund 60 Grad warmes Paraffinbad gezogen, bis die Kerzenkörper den richtigen Umfang haben. Dann werden sie auf Länge geschnitten, mit einer Spitze versehen, gefärbt, abgekühlt und verpackt. 50 Tonnen Paraffin und rund 200 Kilometer Docht werden so Tag für Tag verarbeitet.
«Während des Produktionsprozesses gibt es ständige Qualitätskontrollen», sagt Jahn. In Spezialkaminen brennen Lichter - unter Beobachtung der Mitarbeiter - Tag und Nacht. «Kerzen dürfen nicht rußen, nicht tropfen, nicht zu schnell und nicht zu langsam abbrennen», erläutert der Fachmann. Der Betrieb unterwirft sich höchsten Qualitätskriterien, weshalb er ein Gütesiegel tragen darf.
Laut Jahn ist die Massenware Kerze modischen Entwicklungen weit weniger ausgesetzt als andere Produkte. So ganz frei von Trends ist die Lichterproduktion indes nicht. «In diesem Jahr sind Cremetöne und Sandfarben aktuell, ebenso Dunkelgrün und Dunkelblau.»