1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. CDU-Spitze gegen Verschärfung des Jugendstrafrechts

CDU-Spitze gegen Verschärfung des Jugendstrafrechts

14.01.2008, 13:40

Berlin/dpa. - Das CDU-Präsidium hat dem Vorschlag von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zur Anwendung von Jugendstrafrecht auch bei Kindern eine Absage erteilt. «Es geht uns nicht um die Absenkung der Strafmündigkeit», sagte CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla.

Koch selbst sagte, seine Äußerungen seien fehlinterpretiert worden. Die CDU stellte der SPD ein Ultimatum zur Verschärfung des Jugendstrafrechts. Die SPD solle spätestens bis zum 27. Januar deutlich machen, ob sie eine gesetzliche Verschärfung mitmache. An dem Tag wird in Hessen und Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt.

Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) sagte am Montag: «Kinder sind Kinder, und da stellt sich die Frage vor allem nach den Eltern.» Heftiger Widerstand kam auch aus SPD und FDP. «Kinder in Gefängnisse - das ist nicht Politik der Koalition», kritisierte SPD-Chef Kurt Beck in Frankfurt/Main. Er verlangte ein Eingreifen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die CDU-Vorsitzende will sich am Dienstag in Berlin zu aktuellen innen- und außenpolitischen Themen äußern.

Koch hatte am Wochenende verlangt, die Gesetze des Jugendstrafrechts in Ausnahmefällen auch auf unter 14-Jährige anzuwenden. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle nannte Haftstrafen für Kinder, wie sie Kochs Vorschlag möglich erscheinen lässt, «indiskutabel». «Man kann Zwölfjährige nicht wie Schwerkriminelle ins Gefängnis strecken.»

Koch sieht seine Äußerungen zum Umgang mit kriminellen Kindern fehlinterpretiert: «Die Zuspitzung, die das Ganze erfahren hat, hat mich selbst überrascht. Es klingt, als wollten wir Kinder ins Gefängnis stecken. Dem ist selbstverständlich nicht so», ließ Koch am Montag über die Wiesbadener Staatskanzlei verbreiten. «Allerdings müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir mit Jugendbanden umgehen.» Vor der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin sagte Koch, er sei offen dafür, eine Zwangseinweisung in Erziehungsheime auch über das Erziehungsrecht zu regeln.

Kriminologen, Strafverteidiger und Staatsanwälte lehnten eine Verschärfung des Jugendstrafrechts als unwirksam ab: Die Vorschläge «sind ein Höhepunkt der Ignoranz gegenüber dem bestehenden Fachwissen», sagte Natalie von Wistinghausen von der Vereinigung Berliner Strafverteidiger am Montag in Berlin. Oberstaatsanwalt Klaus Pförtner aus Frankfurt am Main warf Koch einen Angriff auf die Justiz als dritte Gewalt vor. Im Jugendstrafrecht müsse die Strafe auf dem Fuße folgen. Dies gewährleiste die Politik nicht. «Es muss Geld in die Hand genommen werden für die Jugendlichen.»

Für die Linke sagte ihr Partei- und Fraktionschef Oskar Lafontaine: «Wir brauchen keine Sicherheitskräfte am Hindukusch, wir brauchen Sicherheitskräfte in deutschen U- und Straßenbahnen, außerdem sind gute Schulen die besten Erziehungscamps.» Zur Finanzierung plädierte Lafontaine im Bayerischen Rundfunk für eine um fünf Prozent erhöhte Steuer- und Abgabenquote. Vor allem Vermögens- und Erbschaftssteuer sowie der Spitzensteuersatz müssten erhöht werden: «Damit könnten wir dann ordentlich Schulen bezahlen, damit nicht so viele Jugendliche auf schiefe Bahnen geraten.»

Mehrere CDU-Politiker stellten sich hinter Kochs Vorschlag. Der Staat solle sich auch um Problemfälle unter 14 Jahren kümmern, wenn auch nicht als Straffällige, sagte Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger sagte, in wenigen Ausnahmefällen halte er eine Anwendung des Jugendstrafrechts bei unter 14-Jährigen für denkbar.