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Bundesbank Bundesbank: Wenn Geld zu Asche und Konfetti wird

Von Marion Trimborn 24.01.2005, 08:26
Ein Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank begutachtet in der Zweigstelle der Bank in Mainz Eurogeldscheine, die durch einen Brand beschädigt worden sind (Foto vom 12.01.2005). Eine spezielle Abteilung des Geldinstituts überprüft eingereichte beschädigte Banknoten, um die Schadensursache und die Summe des Geldes bestimmen zu können. (Foto: dpa)
Ein Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank begutachtet in der Zweigstelle der Bank in Mainz Eurogeldscheine, die durch einen Brand beschädigt worden sind (Foto vom 12.01.2005). Eine spezielle Abteilung des Geldinstituts überprüft eingereichte beschädigte Banknoten, um die Schadensursache und die Summe des Geldes bestimmen zu können. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Mainz/dpa. - Ein Berg an bunten Papierschnipseln istalles, was die alte Dame aus Süddeutschland ihrer Tochter als Erbehinterlassen hat. Geldscheine im Wert von mehr als 120 000 Euroschickte die Rentnerin durch den Aktenvernichter. «Die Frau fühltesich vernachlässigt und gönnte ihrer Tochter das Erbe nicht», sagtEdgar Kornübe von der Deutschen Bundesbank. Pech für die rachsüchtigeFrau: ihre Tochter reichte die Schnipsel bei der Bundesbank ein - unddie konnten die Scheine wieder zusammenfügen.

Das Service-Centrum «Beschädigtes Bargeld» der Bundesbank in Mainzist die einzige Stelle in Deutschland, die zerfressene, verbrannteund vermoderte Geldscheine wieder rekonstruiert. Für den Bürger istder Service kostenlos. Hier kommen Geldscheine und Münzen auf denTisch, die nicht mehr ohne weiteres als solche zu erkennen sind. Einriesiger schwarzer Ascheklumpen, der beim leisesten Luftzug zerfallenwürde, entpuppt sich unter den Händen der Mitarbeiter als Geldberg imWert von knapp 10 000 Euro aus einem Wohnungsbrand.

Mit Mikroskop und Pinzette bewaffnet machen sich die 15Gelddetektive an die Arbeit. Sie legen Schicht für Schicht verbrannteScheine frei, durchwühlen Asche nach Anhaltspunkten und puzzelnzerrissene Geldscheine aneinander. Bereits ein Quadratmillimetergenügt, um den Wert einer Note zu erkennen. «Zahlen, Blindenelemente,Silberfäden oder Hologramme geben eindeutige Hinweise», sagtBundesbank-Mitarbeiter Horst Schubert.

Für den Ersatz des Geldes gilt die Alles oder Nichts-Regel: DieNotenbanken in Europa ersetzten Euro-Noten in voller Höhe, wenn derKunde mehr als 50 Prozent der Banknote vorlegt - oder wenn er wenigerals die Hälfte des Scheins hat und den Nachweis erbringt, dass derRest vernichtet wurde. Das regelt ein Beschluss der EuropäischenZentralbank vom März 2003. «Diese Regelung verhindert, dass jemandeinen beschädigten Schein zwei Mal vorlegt», erklärt der Leiter desServicezentrums Kornübe.

Die Chancen auf Ersatz stehen gut. 2004 erstattete die BundesbankScheine im Wert von 12,6 Millionen Euro, darunter 2,6 Millionen D-Mark in der alten Währung. Fast 18 900 Anträge bearbeitete die Bank -und lehnte lediglich 1390 Fälle ab. Schlechte Karten hatte ein Mannaus Buxtehude, der behauptete, er habe Geldscheine für 200 Euro imBackofen verkohlt. Die Gelddetektive fanden stattdessen 28 Scheine imWert von 14 500 D-Mark. «Da haben wir echte Zweifel, ob das Gelddiesem Mann gehört. Wir schalten die Polizei ein», sagt Kornübe.

Kein Glück hatte auch eine Familie aus dem Kosovo, die angeblich200 000 Mark im Rollladenkasten bei Freunden in Mannheim versteckte.Im dem Geheimfach nisteten sich Wespen ein und ließen von dem Geldnur noch ein Wespennest mit Farbspuren der braunen 1000-Mark-Scheineübrig. Da die Druckfarbe nicht nur in Geldscheinen vorkommt, reichtedies den Detektiven nicht als Beweis. Die Familie klagte gegen dieseEntscheidung und verlor.

Eine spezielle Ausbildung für die Detektivarbeit gibt es nicht.Viel Geduld und eine ruhige Hand sind gefragt - und ein dickes Fell:«Wenn das Geld bei Wasserleichen gelegen hat, dann ist das wirklichunappetitlich, aber man gewöhnt sich an den Gestank», sagt dergelernte Metallfacharbeiter Schubert. Dann zieht er Handschuhe an undarbeitet unter der Abzugshaube. «Wir hatten schon Geld aus derabgestürzten Concorde und aus dem World Trade Center», sagt DamianMachura. «Nach der Flutwelle in Asien wird jetzt wieder Einiges zuuns kommen.»

Aus einer Straftat stammte auch der bislang größte Auftrag: DieOetker-Millionen. 12 558 Tausendmarkscheine tauchten 1997überraschend aus dem jahrelang vergrabenen Lösegeld der Oetker-Erpressung auf. Feuchtigkeit und Insektenfraß hatten die Scheineentstellt. Die Bundesbank ersetzte der Oetker-Familie knapp 13Millionen Mark.

Seit Weihnachten herrscht in Mainz Hochbetrieb: Dann brennenChristbäume samt Geschenken, werden Geldumschläge aus Versehenzerrissen oder im Kamin versteckte Spargelder verfeuert. «Die Bürgersollten große Summen lieber aufs Konto einzahlen», empfiehlt Kornübe.