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Bildung Bildung: Die Auserwählten der Uni

09.07.2001, 07:57

Dortmund /gms. - Sie soll den Mangel an Studienplätzen verwalten und die Bewerberso auf die Hochschulen verteilen, dass auch an unpopulärenStudienorten die Hörsäle gefüllt sind. Seit dem Wintersemester 2000wollen aber auch die Unis selbst ein Wörtchen mitreden: 20 Prozentder Studenten in den NC-Fächern werden nun von den Hochschulen direktausgewählt.

Wenn bundesweit die Zahl der Bewerber die Zahl der Studienplätzeüberschreitet, kann für ein Fach ein Numerus clausus (NC) festgelegtwerden. «Seit etlichen Jahren unterliegen elf Fächer einerbundesweiten Zulassungsbeschränkung», sagt Horst Trinkaus,Mitarbeiter der Pressestelle der ZVS. Mit dem Fach Haushalts- undErnährungswissenschaft ist zum Wintersemester 2001/02 ein Fach ausder Liste der Fächer mit NC gestrichen worden. Die Plätze inbegehrten Studiengängen, von Architektur über Jura bis hin zuMedizin, werden aber nach wie vor von der ZVS verteilt. In welchenStudiengängen die Bewerber über die ZVS zugelassen werden,entscheiden die Wissenschafts- beziehungsweise Kultusministerien derLänder im Konsens.

Dass jetzt 20 Prozent der Studenten in den NC-Fächern von denUniversitäten direkt ausgewählt werden, hat noch einen Grund: «Damitwurde die Forderung der Universitäten erfüllt, sich die bestenStudenten selbst auszusuchen», erklärt Trinkaus. Ein Blick in dieentsprechende Liste der ZVS zeigt allerdings, dass 85 Prozent derbeteiligten Hochschulen in diesem zweiten Verfahren ihre Auswahlebenfalls nach der Abiturnote der Bewerber treffen. «Kein geeignetesVerfahren», kritisiert Arndt Robrecht, der in Berlin Architekturstudiert. Die Abiturnote entscheide nicht darüber, ob man geeignetsei, ein guter Architekt zu werden.

Doch nur wenige Hochschulen setzen bei ihrem Auswahlverfahren aufein persönliches Gespräch. Dazu gehört die Universität in Mannheim,die damit «gute Erfahrungen gemacht hat», wie Pressesprecher AchimFischer sagt. So wird beispielsweise ein Teil der Bewerber imStudiengang Diplom-Anglistik zunächst nach Noten,Praktikumserfahrungen, Auslandsaufenthalten und dem außerschulischenEngagement ausgewählt. Daran schließt sich ein halbstündigesAuswahlgespräch an, das teilweise auf Englisch geführt wird. «Damitkönnen wir die Eignung und die Motivation der Studenten für denStudiengang testen, das kommt beiden Seiten zugute», erklärt Fischer.

Viele Bewerber kommen mit falschen Vorstellungen und merkenwährend des Gespräches, dass das Studium nicht ihren Interessenentspricht. Die Dozenten wiederum fühlten sich für die Studenten, diesie schon im Auswahlgespräch kennen gelernt haben, in besondererWeise verantwortlich, so die Erfahrung von Fischer. Eine Studie derMannheimer Uni belegt außerdem, dass die «Auserwählten» auch währendihres Studiums besser motiviert sind und schneller vorankommen.

Veronika Muhr, Vorstandsmitglied für Hochschulpolitik beim «freienzusammenschluss von studentinnenschaften» (fzs) mit Sitz in Bonn,befürchtet allerdings, dass so ein Zwei-Klassen-System entstehenkönnte: Finanziell und personell gut ausgestattete Hochschulen mitElitestudenten auf der einen und unterfinanzierte Universitäten fürdie übrigen Studenten auf der anderen Seite. Schon jetzt konkurrierendie Universitäten um diese motivierten Studenten, ohne dass dies lautgesagt wird. «Ein schneller Abschluss ist jedoch kein Wert an sich»,sagt Veronika Muhr. Der Aspekt des Studiums, zur eigenenPersönlichkeitsentwicklung beitragen, sollte nicht vernachlässigtwerden. Auch die Leipziger Universität testet Bewerber schon vor Beginnihres Studiums. Zum Beispiel in Fächern wie Sport oder Musik, indenen die Bewerber schlicht zeigen sollen, dass sie turnen oderKlavier spielen können.