Besuch in Gotha Besuch in Gotha: Fürst Albert von Monaco kehrt zu historischen Wurzeln seiner Familie zurück

Gotha - Einen Augenblick später hätte Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch wohl gegen das Protokoll verstoßen und böse Blicke geerntet. Auf dem für Fürst Albert II. von Monaco ausgerollten roten Teppich balanciert er auf einem Bein und putzt sich die Schuhe, kurz bevor die Limousinen am Samstag am Schloss Friedenstein einrollen.
Die frühere Residenzstadt in Thüringen und der Gastgeber haben sich herausgeputzt für den royalen Besuch. Mehr als vier Stunden schaut das Staatsoberhaupt Monacos vorbei - und kehrt damit an die historischen Wurzeln seiner Familie zurück.
Den 58 Jahre alten Fürsten bekommen die Gothaer allerdings kaum zu Gesicht. Mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister wandert er im Schloss durch die Landesausstellung „Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa“.
Die Schau beschäftigt sich mit den Vorfahren Alberts II.. Er ist, wenn man den Stammbaum durchzählt, in zwölfter Generation Nachfahre von Herzog Ernst dem Frommen von Sachsen-Coburg (1601-1676), der als Stammvater der Monarchien in Europa gilt.
Hochzeitspaar freut sich über unerwartet große Aufmerksamkeit
Die drei Männer verstehen sich gut. Bei den wenigen öffentlichen Stellen ihres Rundgangs witzeln sie, Ramelow klopft Albert II. auf die Schultern. Es wird gelacht. Ramelow, Deutschlands erster linker Ministerpräsident, gibt sich staatsmännisch. Der Fürst in dunklem Anzug und hellblauer Krawatte ist ohne seine Frau Charlène von Monaco angereist - sehr zum Bedauern vieler in Gotha, die gehofft hatten, auch ihr zuwinken zu können.
Immerhin freut sich ein Hochzeitspaar über unerwartet große Aufmerksamkeit, als es nach seiner Trauung in einem Oldtimer an den Schaulustigen hupend vorbeifährt. „Schade, dass wir keinen Prinzen mehr haben“, findet Gabriele Nickol. Die 64-Jährige aus Gotha hat sich lange mit der Geschichte ihrer Stadt befasst und hofft auf gute Sicht auf den Fürsten. „Er gehört quasi zu unserer Stadt.“
Birgit Behrens spekuliert beim Warten, „dass sich der Fürst sicher in Thüringen auskennt“. Er nahm als Bobfahrer von 1988 bis 2002 an fünf olympischen Winterspielen teil, von denen er jedoch keine Medaille mit nach Hause brachte. Über seinen früheren Sport pflegt er noch heute Kontakte nach Thüringen. Den Wintersportort Oberhof wolle er gern wieder besuchen, wenn dort der Golfplatz in Betrieb gehe, zitiert Ramelow den Fürsten. Den Freistaat lobt Albert bei seinem Eintrag ins Goldene Buch für seine „große, kulturelle Tradition“ und bescheinigt dem Land „Bewusstsein für Fortschritte“.
Historische Wurzeln seiner Familie
In seinem Eintrag geht Albert II. auf die Landesausstellung ein, in der er „eine für mich bisher nicht bekannte historische Verbindung Europas“ entdeckte habe. Ähnlich äußert er sich in einem kurzen Statement und erinnert an die historischen Wurzeln seiner Familie. Das Fürstentum Monaco führt seine Linie auf Ernst den Frommen zurück - nicht die einzigen in Europa. Neben Fürst Albert II. ist zum Beispiel auch Queen Elizabeth II. eine Nachfahrin.
Das Staatsoberhaupt scheint angetan von Gotha. Zwischen der früheren Residenzstadt und dem Fürstentum sollten künftig Kunst und Kultur ausgetauscht werden, berichtet Ramelow später. „Wir wollen eine Ausstellung von Gotha nach Monaco bringen, und wir werden eine Ausstellung von Monaco nach Gotha bekommen.“ Neugierig habe den Fürsten gemacht, wie Ausstellungen konzipiert seien, erklärt der Regierungschef. „Die neue Form der Schutzmechanismen für Bilder, das hat er als Anregung mitgenommen.“
An den meisten Gothaern ist der Besuch vorbeigegangen. Vor dem Herzoglichen Museum, der letzten Besuchsstation, stehen nur etwa 20 Schaulustige. Der Fürst, Ramelow und Kreuch winken kurz vom Balkon und sind wieder verschwunden. Einige an der Straße murren: „Eine Minute nur. Dann gehen wir eben wieder nach Hause.“
(dpa)