Bauunternehmer Bauunternehmer: Vor zehn Jahren stürzte Jürgen Schneider in die Pleite
Frankfurt/Main/dpa. - Zehn Jahre nach der spektakulären Pleite des Baulöwen Dr. Utz Jürgen Schneider strahlen seine teuren Immobilien noch immer viel Glanz aus. Um den Milliardenbetrüger selbst ist es nach verbüßter Haft und zwei Versuchen als Buchautor allerdings still geworden. Nicht einmal sein genauer Aufenthaltsort in Bayern wird von den Anwälten des mittlerweile 69-Jährigen preisgegeben. Zurückgezogen soll Schneider zusammen mit seiner Ehefrau Claudia in der Nähe von München vom Geld seiner Kinder komfortabel leben.
Bei seiner Flucht vor zehn Jahren nach Florida hatte sich Schneider verkalkuliert. Dass die Deutsche Bank am 14. April 1994 Strafanzeige stellen würde, ohne vorher mit ihm noch einmal über die faulen Kredite für die Frankfurter Zeilgalerie zu verhandeln, hatte er nach eigenen Angaben nicht erwartet. Im Verlauf der Betrugsaffäre verlor Schneider seine Immobilien, seine rund 1000 Gläubiger zusammen 2,4 Milliarden Mark und die Banken viel Glaubwürdigkeit.
Die imposante Summe von 5,5 Milliarden Mark hatte Schneider sich von mehr als 50 Geldhäusern mit meist «frisierten» Unterlagen über seine Bauprojekte verschafft. Mit 1,2 Milliarden Mark war die Deutsche Bank zwar der größte, keinesfalls aber der letzte Kreditgeber Schneiders, der ein Jahr nach der Flucht gemeinsam mit seiner Frau Claudia in Miami gefasst wurde. Noch kurz vor seiner Abreise aus Deutschland hatte Schneider 245 Millionen Mark (125 Millionen Euro) mit zwielichtigen Helfern in die Schweiz geschafft. Dieses aus der Firma gezogene Geld wurde sichergestellt und in die Konkursmasse genommen.
Der Pleite vorausgegangen war der glanzvolle Aufstieg des Häuserfreunds Schneider, dem nicht nur der Profit, sondern auch der Erhalt wertvoller Baudenkmäler wie dem Kürfürsteneck in Berlin oder der Mädler-Passage in Leipzig am Herzen zu liegen schien. «Das Geld war für alle meine Häuser», beteuerte er noch 1997 bei seinem Schlusswort im Frankfurter Prozess. Sein glanzvolles Entree bei den Banken war die Sanierung des Frankfurter Fürstenhofs, den er fünf Jahre zuvor mit 200 Millionen Mark Gewinn an eine japanische Bank verkauft hatte.
Im Prozess vor dem Frankfurter Landgericht kam Schneider mit einer Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten davon, obwohl bis zu 15 Jahren wegen schweren Betrugs möglich gewesen wären. «Milde, aber gerade noch angemessen» sei das Urteil gewesen, findet der damalige Anklagevertreter Ulrich Busch heute. Seine nach der langen U-Haft nur noch geringe und auf zwei Drittel verkürzte Haftstrafe verbrachte der berühmteste Pleitier Deutschlands bis Ende 1999 meist als Freigänger: als Buchhalter in einer Bauschreinerei.
Für die Verantwortlichen in den Banktürmen hatte die Schneider- Pleite keine strafrechtlichen Konsequenzen, da die Ermittler für den Vorwurf der Untreue bei den Managern weder Vorsatz noch persönliche Bereicherung entdecken konnten. Es blieb der Image-Schaden, den der damalige Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper mit seiner unbedachten Äußerung von den «Peanuts» noch vergrößerte. Er meinte damit offene Handwerkerrechnungen über 50 Millionen Mark.
In enger Zusammenarbeit ließen Schneiders gewieftes Verteidiger- Trio und die Wirtschaftskammer die Bank-Vorstände im Gerichtssaal 165 C auflaufen. Für den Spott zum Schaden sorgte der Vorsitzende Richter Heinrich Gehrke mit Vorliebe selbst. «Ich habe zwar kein Toupet, aber mir fallen die Haare aus, wenn ich sehe, mit was für einem Informationsstand ein Aufsichtsrat seine Aufgabe erfüllen sollte», juxte er etwa über die Kontrollgremien der Banken.
«Die Deutsche Bank ist für meinen Geschmack zu schlecht weggekommen», meint Staatsanwalt Busch im Rückblick. Tatsächlich hat der Branchen-Primus eine aktive Rolle bei der Aufdeckung des Skandals und der finanziellen Befriedigung der Handwerker gespielt. Peanuts-Erfinder Kopper war im Prozess zu selbstironischen Scherzen aufgelegt, während die Vorstände des Konkurrenten Dresdner steif und fest behaupteten, ihrer Bank sei gar kein Schaden entstanden.
Ganz abgeschlossen ist die Geschichte für Schneider nicht, denn noch läuft in Frankfurt ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen ihn und seine beiden Geschwister. Dabei geht es um das Millionen-Erbe des im Jahr 1998 gestorbenen Familien-Patriarchs Richard Schneider, von dem auch Jürgen Schneiders Kinder Ysabel und Nicolai zusammen ein Drittel erhielten. Den von Gläubigern belagerten Sohn Jürgen hatte «der Senator» wohlweislich enterbt. Zur Herkunft des Geldes haben die Frankfurter Ermittler eine feste Meinung: «Lupenreines Schwarzgeld, das Richard Schneider in die Schweiz geschafft hat. Mit den Krediten an Jürgen Schneider hat es aber nichts zu tun.»