Kommentar zum Wahlsieg von Donald Trump Amerika, was hast du nur getan?
Die Wahlen in Thüringen, Sachsen und in den USA haben einiges gemeinsam. Es gibt Gründe, warum die Menschen einen notorischen Lügner, Straftäter und Sexisten wählen, meint MZ-Komentator Kai Gauselmann.
Erfurt, Dresden, Washington – das klingt zunächst nicht nach einer logischen Reihe. Die letzten Wahlen in Mitteldeutschland und der US-Urnengang haben aber einiges gemeinsam. Sichtbar werden hier wie da internationale Trends: Es gibt eine enorme Polarisierung, von der besonders stark die Rechtspopulisten profitieren. Und sie werden vor allem in ländlichen Regionen gewählt sowie von Arbeitern und Angestellten.
Wer Trump vor allem gewählt hat
Trump bekam vor allem Stimmen von weißen Männern mit relativ niedrigem Einkommen und relativ niedrigem Bildungsabschluss. Es sind Menschen der unteren Mittelschicht, der Arbeiterklasse und Arbeitslose. Wähler, die ausweislich der Nachwahlbefragungen vor allem daran interessiert sind, dass die Verbraucherpreise sinken. Oder daran, dass nicht mehr illegale Einwanderer ins Land kommen, die für sie zur Konkurrenz um Jobs werden könnten.
Muss man deswegen aber einen notorischen Lügner, verurteilten Straftäter und Sexisten wählen? Trumps Wähler interessiert offenbar vor allem, was ihnen persönlich nutzt. Das ist in einer Demokratie nicht verwerflich. Das Angebot der Demokraten indes war nicht schlecht, aber eben auch nicht gut genug. Die Partei hat zu lange auf Amtsinhaber Joe Biden gesetzt, dann konnte es nur noch Kamala Harris machen, Zeit für eine innerparteiliche Bestenauslese gab es nicht mehr. Harris hat zwar einen fulminanten Start hingelegt, in den vergangenen Wochen fehlte aber die nächste Stufe. Wo waren die Themen und Ideen, mit denen die Polarisierung hätte überwunden werden können, hinter denen sich Wähler in New York genauso wie irgendwo in Iowa hätten versammeln können?
Trumps Wähler interessiert offenbar vor allem, was ihnen persönlich nutzt. Das ist in einer Demokratie nicht verwerflich.
Kai Gauselmann, MZ-Kommentator
Trump hat klar gemacht, dass er einen radikalen „America first“-Ansatz verfolgen wird. Deswegen wird es absehbar Verwerfungen im internationalen Handel geben, etwa mit neuen Schutzzöllen, die das Exportgeschäft deutscher Firmen erschweren wird. Und mit Trump im Weißen Haus sinken außerdem die Chancen weiter, dass Intel sich noch in Magdeburg ansiedeln wird. Trump hat schon in seiner ersten Amtszeit sehr robust Firmen gezwungen, Jobs in den USA zu schaffen oder sogar aus dem Ausland dorthin zu verlagern.
Der Klimawandel wird nicht in Deutschland oder den USA allein bewältigt, er ist eine globale Aufgabe, die internationale Kooperation braucht – und ohne die größte Volkswirtschaft der Welt nicht gelingen wird. Trump hat in seiner ersten Amtszeit bewiesen, dass auch hier für ihn „America first“ zählt. Man darf also nicht mit Fortschritten rechnen.
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Im Kreml indes haben die Krimsektkorken geknallt. Trumps Sieg kommt im Ukraine-Krieg für Putin zur rechten Zeit, bevor seine Ressourcen zur Neige gehen und er in eine schwächere Position gerät. Die Ukraine droht ihren größten Unterstützer zu verlieren. Statt Waffen zu liefern, wird der „Dealmaker“ Trump sich vermutlich mit Putin einigen. Je eher der Krieg endet, umso besser. Allerdings werden der Preis für die Ukraine mit größeren Verlusten ihres Territoriums hoch und Putins imperiale Gelüste damit nicht beendet sein. Auf eine bedingungslose Unterstützung der USA können sich Deutschland und Europa nicht mehr verlassen, deshalb wird Europa in der Lage sein müssen, sich allein verteidigen zu können. Die nötige Aufrüstung wird Milliarden verschlingen, die gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation für andere Dinge ausgegeben werden müssten.
Es bleibt abzuwarten, ob – wie von Trump versprochen – für die USA ein „goldenes Zeitalter“ anbricht. Für den Rest der freien Welt ist sein Sieg jedenfalls keine gute Nachricht.