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Altmark-Spezialität Altmark-Spezialität: Salzwedeler Baumkuchen wird am Feuer gebacken

26.05.2004, 07:21
Bäcker Frank Eckmann überzieht in der "Echten Salzwedeler Baumkuchenfabrik" in Salzwedel vor offenem Feuer einen Baumkuchen mit traditionellem Zuckerguss. (Foto: dpa)
Bäcker Frank Eckmann überzieht in der "Echten Salzwedeler Baumkuchenfabrik" in Salzwedel vor offenem Feuer einen Baumkuchen mit traditionellem Zuckerguss. (Foto: dpa) dpa

Salzwedel/dpa. - Das alte Rezeptbuch aus dem Jahre 1807 ziert noch heute eine Vitrine im Verkaufsraum der «Echten Salzwedeler Baumkuchenfabrik». Wenn Frank Eckmann die Spezialität am offenenFeuer aufkellt - wie der Fachmann das nennt - tut er es genau nach dieser Backanleitung. An der rotierenden Walze setzt er die Ringe, bis ein stattlicher Baumkuchen gewachsen ist. «Da wir alles in Handarbeit erledigen, sind unsere Baumkuchen wild gewachsen und die Ringe nicht so gleichmäßig wie bei maschineller Herstellung», sagte Eckmann, der seit etwa zehn Jahren am Feuer steht.

18 bis 20 dieser Baumkuchen schafft ein Bäcker täglich. Etwa 20Minuten dauert die Prozedur bis das Stück fertig ist. Fett, Eiweiß,Mehl und Weizenpuder werden verrührt, Zucker und diverse Gewürzekommen hinzu. So lautet ungefähr das Rezept - kleine Details, die denechten Salzwedeler Baumkuchen ausmachen sind ein Geheimnis. Schichtfür Schicht wird die gelbe, schaumige Masse an der rotierenden etwaeinen Meter langen Walze mit einer Kelle aufgetragen. 350 Grad sorgendafür, dass jede Schicht rasch eintrocknet.

«Der Kunde muss bei uns bestellen», sagte Inhaberin BettinaEckmann. In den Regalen der Supermärkte sollen Baumkuchen ausSalzwedel nicht stehen. Der Kunde kann zum Beispiel wählen zwischeneinem Kuchen mit einem Ring oder sechs Ringen, zwischen Zuckerguss-oder Vollmilchglasur, insgesamt hat er 16 verschiedene Sorten zurAuswahl. Der größte ist der so genannte Ministerkuchen mit sechsRingen. Seinen Namen trägt er, weil der erste Baumkuchen aus derBäckerei überhaupt für den Gaumen eines Ministers bestimmt war. Hinzukommen noch Baumkuchenspitzen. Auf Wunsch wird das Backwerk mitMarzipanblume verziert.

Nach ganz Deutschland liefert das kleine Unternehmen, aber auch imAusland sind Baumkuchen aus Salzwedel gefragt. Von der Güte dieserSpezialität schwärmten schon die Preußenkönige, die sich regelmäßigdie Spezialität schicken ließen. Dankschreiben vom Hofe zieren dieBackstube, die 1808 von Johann Christian Andreas Schernikow als«Conditorei und Baumkuchen - Fabrikation» gegründet wurde. Sein Sohnließ 1842 die Marke schützen.

Die Traditionsfirma erlebte nicht nur glorreiche Zeiten. NachBeginn des zweiten Weltkrieges konnte nur derjenige einen echtenBaumkuchen bekommen, der auch die Rohstoffe lieferte. 1958enteigneten die DDR-Behörden die Firma. Nach der echten Rezepturkonnte mangels Lieferengpässe auch dann nicht gefertigt werden. Erst1990 nach der Rückgabe des Unternehmens an Konditormeister OskarHennig drehten sich wieder die Spieße mit dem «Echten SalzwedelerBaumkuchen» nach alter Rezeptur, die Schutzmarke wurde wiedererlangtund auch das Logo aus dem Jahre 1842 ziert wieder die Spezialität.

Drei von ehemals fünf Betrieben in Salzwedel stellen derzeit nochdrei Baumkuchen her. Doch wie das traditionsreiche Handwerk betriebenwird, kann der Interessierte nur in der echten Baumkuchenfabrikerleben. Ein Mal pro Woche lodern in der kleinen Backstube die Feuerauch für die Besucher. Frank Eckmann ist an den Andrang schongewöhnt. «Es ist nicht selten, dass ganze Reisebusse bei und Haltmachen», meint er.