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Altenburg Altenburg: Seit 500 Jahren werden Spielkarten hergestellt

Von Andreas Hummel und Theresa Krohn 02.01.2009, 07:36
Offsetdrucker Carsten Rüster prüft mit einer Lupe die Qualität eines Druckbogens. (FOTO: DPA)
Offsetdrucker Carsten Rüster prüft mit einer Lupe die Qualität eines Druckbogens. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Altenburg/dpa. - Kronzeuge des Jubiläums ist eine schlicht gestalteteHerz-Lusche. Sie trägt das Wasserzeichen «1509» und liefert damit denältesten Hinweis auf die Fertigung von Spielkarten in der einstigenResidenzstadt. Seither wurden die unterschiedlichsten Spielkarten inder Stadt hergestellt - bis heute. Pro Jahr laufen in derSpielkartenfabrik etwa 45 Millionen Packungen vom Band.

Die genaue Herkunft des Kartenspiels liegt bis heute im Dunkeln.Als Herkunftsland in Frage kämen China und Indien, erzählt dieExpertin des Schloss- und Spielkartenmuseums in Altenburg, RenateReinhold. «Der Würfel - unser ältestes Spielgerät überhaupt - und dasSchachspiel könnten bei der Entwicklung der Spielkarte Pate gestandenhaben.» Denn viele Schachfiguren wie König und Dame fänden sich auchauf den Karten wieder. In Europa seien Spielkarten erstmals 1376 inFlorenz erwähnt. «Um diese Zeit tauchten sie fast gleichzeitig inmehreren Mittelmeerländern auf», sagt Reinhold. «Vermutlich habendamals die Araber die Spielkarte nach Europa gebracht.» Spätergelangte das Spiel über die Alpen nach Süddeutschland und Altenburg.

Die wichtigste Quelle zu den Kartenspielen stamme aus dem Jahr1377, erklärt die Jenaer Volkskundlerin, Sabine Wienker-Piepho.«Damals schrieb der Geistliche Johannes von Rheinfelden eine mehrerehundert Seiten umfassende Schrift, in der er das Kartenspiel lobteund nach der Bibel auslegte.» Weitere Quellen aus dieser Zeit seienSpielverbote, die es damals häufig gegeben habe.

Die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass Spielkarten schon inder ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in größerer Zahl hergestelltwurden. Entscheidend dafür sei der Schablonendruck, der ungefähr um1330 erfunden wurde. Damals wurden Figuren in Holz geritzt, mit Farbebemalt und dann auf Papier oder Karton gedruckt. «Von dieseneinfachen Karten sind nur wenige erhalten, weil mit ihnen oftgespielt und sie später weggeschmissen wurden.» Besser erhalten seiendie handbemalten und mit Gold verzierten Spielkarten der Oberschicht,da diese sehr kostbar waren und seltener benutzt wurden.

Die ersten Karten wurden in kleinen Manufakturen hergestellt. Soerhielt der Kartenmacher Christoff Hockendorff 1552 in Altenburg eineKonzession des Herzogs für die Fertigung von Spielkarten. Es istzugleich die erste urkundliche Erwähnung einer solchen Lizenz, diefür Altenburg erhalten ist. Die Karten wurden zumeist mit Hilfe desHolzschnitts oder Kupferstichs hergestellt, erzählt Reinhold. «Mitder Erfindung der Lithografie wurde dann ab 1800 eine massenweiseVerbreitung der Spielkarte in großen Auflagen möglich.»

Große Beliebtheit errang das Kartenspiel sehr rasch in allenBevölkerungsschichten - vom Bauern bis zum Edelmann. Entsprechendfinden sich die Lebensumstände aller Schichten auf den Spielkartenabgebildet. Allerdings sind die damaligen Spiele wie das Karnöffel-Spiel heute weitgehend unbekannt. Fast immer wurde um Geld gezocktmit schlimmen Nebenwirkungen. «Da wurden schon Mal Haus und Hof odersogar Frau und Kind verspielt», erklärt Reinhold. In vielen Städtenkam es deshalb zum Verbot des öffentlichen Kartenspiels. Und aucheinigen Kirchenmännern war das Kartenspiel ein Dorn im Auge und sieriefen zum öffentlichen Verbrennen der Karten auf. Für sie galt dieSpielkarte als Teufelswerk.

Das Gewerbe der Spielkartenherstellung hat sich in Altenburg bisin die Gegenwart gehalten. In den Hallen der Spielkartenfabrik, dieinzwischen zur belgischen Cartamundi-Gruppe gehört, bedrucken moderneMaschinen im Vier-Farb-Druck die Papierbögen, aus denen dann dieSkat-, Rommé- und Ligretto-Karten geschnitten und verpackt werden.Für 2009 strebt Geschäftsführer Peter Warns ein Umsatzplus von dreiProzent an und will drei Millionen Euro unter anderem in neueMaschinen investieren. «Das ist unser wichtigster Beitrag zumJubiläumsjahr, damit in Altenburg auch weiterhin Spielkarten gemachtwerden.»