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Allianz-Arena München Allianz-Arena München: «Wir haben das Wolkendach gefertigt»

Von Steffen Höhne 30.05.2005, 17:22

Edersleben/MZ. - Die Fußball-Oper, 45 Meter hoch und umhüllt von Tausenden milchigen Waben, scheint fast zu schweben. Rot, blau und weiß leuchtet die Münchner Allianz-Arena bei den Spielen. Doch in der Abendsonne - ohne künstliches Licht - glitzert sie vielleicht am schönsten. Ihren Glanz verdankt das Fußball-Stadion einer kleinen Firma aus Sachsen-Anhalt.

"Wir haben die größte Membranhülle der Welt hergestellt", sagt Gunda Noatzsch, Geschäftsführerin von KfM aus Edersleben bei Sangerhausen. Die Außenhaut des Stadions besteht aus 2 875 Kissen. Dafür wurden 147 000 Quadratmeter einer so genannten ETFE-Folie - das entspricht rund 21 Fußballfeldern - zurechtgeschnitten. "Wir haben rund ein Jahr lang für den Auftrag gearbeitet", sagt Noatzsch.

Neuen Markt besetzt

Die Firma KfM hat ihren Ursprung in einer Schneiderei für Schirm- und Zeltbau. Im Gewebegebiet von Edersleben deutet von außen wenig darauf hin, dass sich im Inneren der Halle eine moderne Produktionsstätte befindet. Hier stapeln sich 1,50 Meter breite Rollen mit 500 Metern aufgerollter Folie. "Jedes der Kissen wurde anders geformt", so 48-jährige Chefin. Die größten Waben haben eine Spannweite von 17 Metern. Auf 40 Meter langen Tischen werden die Folien geschnitten und verschweißt. "Dies ist alles Millimeterarbeit", erklärt Mitarbeiterin Brigitte Klauß. Zusammengerechnet schweißten die damals 65 Beschäftigten etwa 170 Kilometer Folienkante.

Obwohl Computer die Arbeit vereinfachen, besteht ein wesentlicher Teil noch aus Handarbeit. Auf einem fahrenden Schweißautomaten steht Klauß neben dem Arbeitstisch und fädelt die Folie ein. Die gelernte Köchin: "Fingerspitzengefühl und Überblick braucht man." Nur drei bis vier Firmen in Deutschland verarbeiten den modernen Folien-Werkstoff, der aus Japan geliefert wird. Die Firma Letex bei Sangerhausen und das bayrische Unternehmen Covertex gründeten KfM im Jahr 2000. Beide Firmen wollten den Markt frühzeitig besetzen. Gegenüber anderen Baustoffen besitzen die Spezial-Folien entscheidende Vorteile: Durch die transparenten Kissen auf dem Dach - sie sind zu 92 Prozent UV-Lichtdurchlässigkeit - kann der Rasen ungestört wachsen.

Die Membrankissen sind mit Luft gefüllt, die ständig ausgetauscht wird. Nach Worten von Noatzsch kann Hitze und Kälte den Kissen nichts anhaben, die etwa 25 Jahre halten sollen. "Man kann sich sogar In die Kissen reinwerfen." Allein vor Hagel und Feuer haben die Konstrukteure Respekt.

Unterdecke gefertigt

Als Brigitte Noatzsch das erste Mal auf dem weißen Wabendach stand, war sie überwältigt: "Wir haben das Wolkendach gefertigt", dachte sie. Doch nicht nur die Außenfassade kommt aus Sachsen-Anhalt. Auch die Innenverkleidung des Stadions und das Dach des angrenzenden Bahnhofs Fröttmaning wurden in Sangerhausen gefertigt.

Die Firma Letex produzierte die Unterdecke, die ein- und ausgefahren werden kann. Mit Sonnenschirmen für eine Moschee in Saudi-Arabien machte die Firma schon auf sich aufmerksam. Die Großaufträge, die vor allem durch die Vermittlung der bayrischen Gesellschafter zustande kamen, machen die Ederslebener international bekannt. Zur Zeit werden zwei Bahnhofsdächer für England gefertigt. Und doch ist Noatzsch etwas traurig: "Wir könnten jetzt noch eine Allianz-Arena bauen."

Allianz-Arena (Grafik: dpa)
Allianz-Arena (Grafik: dpa)
dpa