Alcan Nachterstedt Alcan Nachterstedt: Die Raubkatze noch leichtfüßiger gemacht
Nachterstedt/MZ. - Als der Jaguar XJ, der größte Flitzer in der Modell-Palette der englischen Pkw-Nobelmarke, auf dem Pariser Autosalon im Blitzlicht-Gewitter posierte, da konnten sich insgeheim auch die Mitarbeiter von Alcan Nachterstedt ein wenig wie im Rampenlicht fühlen. Schließlich werden fast 100Bauteile des Traumwagens aus Aluminiumblechen ihrer Produktion gefertigt.
Dadurch wurde die hochgezüchtete Raubkatze noch flinker, noch leichtfüßiger. Denn: Obwohl der XJ größer ist als sein Vorgänger, über mehr Elektronik und erweiterte Komfortausstattung verfügt, bringt er rund 200 Kilogramm weniger auf die Waage. "Damit ist das Fahrzeug eines der leichtesten der Oberklasse", sagt Alcan-Werkleiter Thorsten Hoppe.
Als sich Manager des kanadischen Konzerns 1993 bei der Treuhandanstalt für das Leichtmetallwerk Nachterstedt interessierten, schwebte ihnen bereits vor, diesen ostdeutschen Standort zu einem leistungsfähigen Zulieferer für die europäische Automobilindustrie auszubauen. Alcan hatte beizeiten erkannt, wohin die Fahrt in dieser Branche geht. Nämlich, hin zu leichteren und damit weniger Kraftstoff schluckenden Modellen. Schließlich arbeiteten Ingenieure des Konzern bereits seit 1982 (!) mit Jaguar-Spezialisten daran, ein Fahrzeug zu entwickeln, bei dem Stahl großflächig durch das silbergraue Leichtmetall ersetzt wird. Die Vision der Alcan-Konzernspitze, mit dem Kauf von Nachterstedt im großen Stil ins Automobilgeschäft einzusteigen, ist Wirklichkeit geworden. 170 Millionen Euro haben die Kanadier in das Werk im Landkreis Aschersleben-Staßfurt investiert. "Nun ernten wir die Früchte unserer Bemühungen", meint Hoppe. Seit 1999, als die ersten Fahrzeug-Bleche produziert wurden, habe sich die Menge in jedem Jahr mehr als verdoppelt.
Inzwischen gibt es fast keinen der etablierten Hersteller, der bei Marktführer Alcan nicht ordert. Als beispielsweise der neue Opel Vectra von den Bändern lief, präsentierte er sich mit einer Motorhaube, die ihren Ursprung in Nachterstedt hat.
Um alle Wünsche der Autoindustrie erfüllen zu können, hat Alcan in seinem ostdeutschen Werk ein 15Millionen Euro teures Zuschnittzentrum eingerichtet. Modernste Lasertechnik hilft, Bleche typengerecht zu fertigen. Mit den 40 Arbeitsplätzen, die neu entstanden, erhöhte sich die Gesamtzahl der Beschäftigten im Werk auf fast 600. Beim Einstieg des kanadischen Investors waren es 350 gewesen. Steht nun zu erwarten, dass in den nächsten Jahren bei allen Modellen Aluminium komplett den Stahl verdrängt? Mitnichten, sagte Reinhard Fleer, Vicepresident bei Alcan Europe. "Nur-Aluminium-Autos wie der Jaguar oder der Audi A 8 werden die Ausnahme bleiben und sich nicht durchsetzen." Dafür zeige sich aber ein anderer Trend. "Die Hersteller versuchen, durch immer mehr einzelne Aluminium-Segmente das Gewicht zu reduzieren." Hoppe erklärt die nur eingeschränkte Hinwendung zum Leichtmetall mit der Tradition im Automobilbau. "Die haben 100Jahre nur Stahl verwendet. Wenn die Branche jetzt total umschwenken würde, müsste das bewährte Know-how über Bord geworfen werden", meint der Werkleiter.
Dennoch: Durchschnittlich etwa 110 Kilogramm Aluminium setzen die Autoproduzenten derzeit pro Fahrzeug ein. Das entspricht einer Verdopplung des Wertes von vor zehn Jahren. Im Jahr 2007 soll der Aluminium-Anteil auf etwa 150 Kilogramm pro Auto steigen, besagen Prognosen in der Branche. Die Entwicklung geht also weiter. Auch wenn Ganz-Aluminium-Autos wie das Flaggschiff von Jaguar auch in Zukunft allein auf weiter Flur sein werden.