9. Juni 2009 9. Juni 2009: Karstadt-Mutterkonzern Arcandor ist pleite
Berlin/Essen/dpa. - Arcandorstellte am Dienstag Insolvenzantrag für die Arcandor AG sowie dieTöchter Karstadt Warenhaus GmbH, die Primondo GmbH und die QuelleGmbH. Damit bangen nun 43 000 Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz.
Für Kunden soll es keine Einschränkungen geben. «Alle Geschäftelaufen ungehindert weiter», sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski.Garantien, Anzahlungen oder Rückgaberechte würden nicht angetastet.Für die Beschäftigten seien die Gehaltszahlungen bis Augustgesichert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte die Entscheidung derRegierung, Arcandor keine staatliche Hilfe gewähren. Nach Angaben vonInsolvenzrechts-Experte Prof. Hans Haarmeyer geht es um die größtePleite in Deutschland: «Solch ein Verfahren in dieser Größenordnunghat es in Deutschland noch nicht gegeben.»
Arcandor-Konkurrent Metro arbeitet weiter mit Hochdruck an derGründung einer Deutschen Warenhaus AG mit seinen Kaufhof-Häusern undKarstadt. «An unserem Konzept zur Übernahme von etwa 60 Karstadt-Standorten und damit zur Rettung der großen Mehrheit derArbeitsplätze halten wir unverändert fest», sagte Metro-SprecherMichael Inacker. Metro habe ein großes Interesse an einer schnellenLösung zu kommen, damit die Rettung der Warenhäuser nicht durch dieInsolvenz bei Arcandor verzögert werde. Am Wochenende hatte auch dieHamburger Otto Group Interesse an Teilen des Arcandor-Konzernssignalisiert.
Der REWE-Konzern ist ebenfalls an Teilen von Arcandorinteressiert. Das Unternehmen betreibe in 50 Karstadt-WarenhäusernPerfetto-Märkte und es sei schade, wenn diese Feinkostgeschäftegeschlossen würden, sagte REWE-Chef Alain Caparros in Köln. Bei einemmöglichen Verkauf der profitablen Arcandor- Tourismustochter ThomasCook würde auch REWE eine Übernahme prüfen.
Ausdrücklich teilte Arcandor mit, dass die Arcandor-Töchter ThomasCook Group plc, die Primondo-Specialty Group GmbH mit ihren Tochter-und Beteiligungsgesellschaften sowie der Homeshopping-Sender HSE24vom Insolvenzantrag unberührt seien. Vorläufiger Insolvenzverwalterist der Kölner Anwalt Klaus Hubert Görg. Er ist für alle vier Insolvenzverfahren zuständig.
Nach den Worten von Koslowski will sich das Unternehmen über dasInsolvenzverfahren sanieren und den Fortbestand sichern. DieHaupteigentümer würden sich unverändert zum Fortbestand desUnternehmens bekennen.
Merkel sah in dem Insolvenzantrag von Arcandor auch eine Chance,dass in dem Unternehmen durch ein Zusammengehen mit demHandelskonkurrenten Metro Beschäftigung erhalten werden könne. DerMetro-Konzern hatte bereits am Montagabend Gesprächsbereitschaft auchim Falle einer Insolvenz erklärt. Das Konzept funktioniere auch miteiner insolventen Karstadt-Kette, hieß es aus Unternehmenskreisen.Metro hatte bisher vorgeschlagen, 60 der 90 Karstadt-Häuser zuerhalten.
Am Montag hatte der Bund die beantragte Rettungsbeihilfe über 437Millionen Euro abgelehnt. «Uns waren die Zusagen der Gläubiger undEigentümer absolut nicht genug, um sich für Arcandor zu engagieren.Wir haben aber auch auf die Steuergelder zu achten», sagte Merkel amDienstag. Die Arcandor-Spitze hatte zwar in der Nacht zum Dienstagnoch mit allen Beteiligten verhandelt, aber auf den angekündigtenneuen Antrag auf Staatshilfe verzichtet. An diesem Freitag läuft eineKreditlinie von 650 Millionen Euro aus.
Beim Versandunternehmen Quelle wurde die Nachricht vomInsolvenzantrag mit Fassungslosigkeit und Entsetzen aufgenommen. «Dasist der Super-GAU», sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende ErnstSindel. «Schockierend» nannte Quelle-Sprecher Manfred Gawlas dieEntwicklung. Welche Folgen die Insolvenz für Quelle mit seinen 8000Mitarbeitern haben werde, sei derzeit völlig unklar.
