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50 Jahre Schwarze Pumpe 50 Jahre Schwarze Pumpe: Vom DDR-Vorzeigekombinat zum Industriepark

Von Peter Jähnel 25.08.2005, 07:07
Blick am Abend über die Industrieanlagen des Abfallverwerters SVZ im sächsisch-brandenburgischen Industriegebiet Schwarze Pumpe. Ein Teil der SVZ-Anlagen stammt noch aus den 1960er Jahren, als von hier aus begonnen wurde, große Teile der DDR mit aus Kohle gewonnenem Gas zu versorgen. (Foto: dpa)
Blick am Abend über die Industrieanlagen des Abfallverwerters SVZ im sächsisch-brandenburgischen Industriegebiet Schwarze Pumpe. Ein Teil der SVZ-Anlagen stammt noch aus den 1960er Jahren, als von hier aus begonnen wurde, große Teile der DDR mit aus Kohle gewonnenem Gas zu versorgen. (Foto: dpa) ZB

Schwarze Pumpe/dpa. - Der typische Geruch gehört inzwischen der Vergangenheit an - so wie der Volkseigene Betrieb (VEB) GaskombinatSchwarze Pumpe, dessen Aufbau vor 50 Jahren, am 31. August 1955,begann. Das Kombinat war einer der wichtigsten Energielieferanten derDDR. Ende der 1980er Jahre bestand es neben dem Lausitzer Stammwerkaus Braunkohle-Verarbeitungsbetrieben, Kokereien und dem VerbundnetzGas.

Die 40 000 Beschäftigten, davon 15 000 im Stammwerk bei Spremberg,produzierten fast 90 Prozent des Stadtgases der DDR, den Großteil desKokses, knapp die Hälfte aller Briketts, Strom sowie Heizöl, Teer,Schwefel und Wasser. Hauptgrund für den Kombinatsbau war die nach demZweiten Weltkrieg veränderte politische Lage.

Nach der Gründung von zwei deutschen Staaten 1949 war die DDR vonder Schwerindustrie im Ruhrgebiet und von Rohstofflieferungenabgeschnitten. Die SED-Führung unter Walter Ulbricht hatte Anfang der1950er Jahre den «Aufbau der Grundlagen des Sozialismusan der Seite der Sowjetunion» auf ihre Fahnen geschrieben. Deshalbsetzte sie auf die schnelle Entwicklung der Braunkohleindustrie, dennvon diesem Rohstoff war genug vorhanden.

Weil der aus einheimischer Braunkohle in Lauchhammer erzeugte Koksfür die Stahl- und Chemieindustrie nicht ausreichte, sollte einKokskombinat in der Lausitz gebaut werden. Die Baustellenleitunghatte sich im Gasthaus «Schwarze Pumpe» an der Straße von Sprembergnach Hoyerswerda eingerichtet. So kam das künftige Kombinat zu seinemNamen.

Für tausende Bauarbeiter entstanden in der Niederlausitzer Heidegroße Wohnlager. «Die Aufbauphase war wie Wildost», erinnert sich derehemalige Kombinatsdirektor Herbert Richter. «Aber es herrschtedennoch eine beeindruckende Atmosphäre des Miteinanders undFüreinanders.» Der 72-Jährige leitete das Werk von 1966 bis 1989. Undder 76-jährige Joachim Skorna aus Cottbus, der im Herbst 1955 für dieVersorgung der Arbeiter zuständig war, fügt hinzu: «Damals war esnicht leicht, die Lebensmittel zu beschaffen, aber satt sind dieArbeiter trotzdem geworden.»

Nur wenige Stunden nach dem ersten Spatenstich für dasIndustriekombinat begann 15 Kilometer weiter südlich in Hoyerswerda,der Bau von Wohnungen für die Arbeiter. Dort lebten später bis zu70 000 Menschen, zehn Mal mehr als zuvor.

Am 1. Januar 1971 entstand durch den Zusammenschluss etlicherBetriebe das Gaskombinat Schwarze Pumpe. Die Anlagen auf dem zwölfQuadratkilometer großen Gelände liefen auf Weisung der Partei aufHochtouren, der Umweltschutz spielte keine große Rolle. Mehrmalskam es deshalb zu Havarien. Bei der größten flog am 22. Februar 1982ein Teil des Gaswerks in die Luft. Ein Arbeiter kam ums Leben, esentstand ein Millionenschaden.

Nach der politischen Wende wurde das Kombinat privatisiert. Aufdem Werksgelände an der Landesgrenze von Brandenburg und Sachsenfielen viele alten Anlagen der Abrissbirne zum Opfer. Stadtgas wurdeschrittweise durch Erdgas ersetzt und die Briketts durch Heizöl. Ausdem Gaswerk entstand der Abfallverwerter SVZ. Er ging 2004 in dieInsolvenz und steht inzwischen kurz vor dem Verkauf.

Auf dem Gelände entsteht seit einigen Jahren ein modernerIndustriepark. «Hier arbeiten jetzt etwa 3500 Beschäftigte in 85Firmen», berichtet der Projektmanager für Standortentwicklung,Reinhard Gleisberg. Für potenzielle Investoren seien noch größereFlächen frei. Der Energiekonzern Vattenfall Europe plant auf demGelände den Bau des weltweit ersten CO2-freien Kraftwerks. Viel Geldist in den Umweltschutz gesteckt worden. Die Anwohner könnenbuchstäblich aufatmen, denn die Luft ist jetzt sauberer und riechtnicht mehr nach «Pumpe».