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30. August 30. August: Mafia-Dorf in Italien im Visier der Polizei

Von Carola Frentzen 30.08.2007, 14:28
Ein italienischer Karabinieri bewacht Mitte August eine Straße in San Luca. (Foto: dpa)
Ein italienischer Karabinieri bewacht Mitte August eine Straße in San Luca. (Foto: dpa) ANSA

Rom/dpa. - San Luca, das wussten die Ermittler seit Jahren, gilt als die Hochburg der kalabrischen Mafia-Organisation Ndrangheta schlechthin. Immer wieder fielen dort seit 1991 Menschen einerblutigen Familienfehde zum Opfer, Drogen- und Waffenhandel sowie die Angst sind seit langem die ständigen Begleiter der Bürger. Aber erstjetzt, nach den Todesschüssen auf sechs Italiener in der Nacht zum15. August in Duisburg, kam es zu einem Großeinsatz gegen die Clansdes Örtchens.

Über 40 Haftbefehle und mehr als 30 Festnahmen sind das Resultatder Aktion am Donnerstag. «Dies ist ein erster wichtiger Erfolg gegen die Mafia-Clans in der Gegend», brachte es Staatsanwalt Franco Scuderi auf den Punkt. Dennoch: Die Mörder von Duisburg wurden bei der Operation nicht gefasst.

Die Szene im Morgengrauen wirkt wie in einem Film: Klammheimlichumstellen 500 Beamte das kalabrische Dorf, Hubschrauber tauchen den noch dunklen Himmel in gleißendes Licht und reißen die Einwohnerabrupt aus dem Schlaf. Die Aktion war gut vorbereitet, alleFluchtmöglichkeiten sollten versperrt werden. Polizei und Carabinieridurchsuchten Haus um Haus - und wurden fündig.

Zahlreiche mutmaßliche Mafiosi konnten gefasst werden, teilweisesollen sie in den Mord an der Ehefrau eines Clan-Bosses imvergangenen Dezember verwickelt sein. Die Tat gilt bei den Behördenals Auslöser für die Duisburger Morde. Sogar ein Bunker wurde mittenim Zentrum von San Luca unter einem Wohnhaus entdeckt und vonSpezialkräften mit einem Presslufthammer aufgebrochen. Innen hocktendrei der Gesuchten, auch für sie klickten die Handschellen.

Der oberste Antimafia-Staatsanwalt Pietro Grasso zeigte sichanschließend optimistisch und erklärte, nun gebe es die Hoffnung,dass die Blutfehde endlich beendet werden kann. Immerhin gehört eingroßer Teil der Inhaftierten den beiden verfeindeten FamilienclansStrangio-Nirta und Pelle-Romeo an. Das italienische RAI-Fernsehen warda schon pessimistischer und kommentierte in den Mittagsnachrichten:«Bis in dem Ort niemand sagt "Es reicht!", wird hier weiter Blutfließen.»

Sicher ist immerhin, dass sich nach den Todesschüssen von Duisburgetwas bewegt. So wurde ebenfalls am Donnerstag bekannt, dass diedeutsche Polizei mittlerweile eine «vielversprechende Spur» verfolgt.«Die Voraussetzungen sind erfüllt, um zur Wahrheit über die tragischeTat zu gelangen», erklärte Scuderi.

Dennoch ist es oft gerade die Mauer des Schweigens, die denErmittlern die Arbeit so schwer macht. «Omertà» heißt diese aus demEhrgefühl der Mafia heraus geborene Pflicht, vor Polizei und BehördenStillschweigen zu bewahren. Wer gegen dieses seit Jahrzehntenungeschriebene Gesetz verstößt, wird zumeist mit dem Tode bestraft.Das ist auch in San Luca nicht anders, wo die mächtige 'Ndranghetaseit vielen Jahren zumeist ungeschoren schalten und walten kann. Dahilft nur ein rabiates Einschreiten der Behörden, um das Schweigen zubrechen. Aber ob die Blutfehde und das Morden jetzt ein Ende haben,bleibt abzuwarten.