25. März 25. März: Brigitte Mohnhaupt kam nach über 24 Jahren Haft frei
Aichach/dpa. - Nach mehr als 24 Jahren im Gefängnis ist die frühere RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt am Sonntag aus der Haftentlassen worden. Sie verließ die Justizvollzugsanstalt im bayerisch-schwäbischen Aichach am frühen Morgen und wurde dort von Bekannten abgeholt, bestätigte Anstaltsleiter Wolfgang Deuschl. Mohnhaupt war wegen ihrer maßgeblichen Beteiligung an mehreren RAF-Mordanschlägen im Terrorjahr 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied jedoch im Februar, dass die 57-Jährige nach Verbüßung der Mindesthaftdauer auf Bewährung frei kommt. Damit sind noch drei ehemalige Angehörige der Rote Armee Fraktion (RAF) weiter inhaftiert.
Ursprünglich war Dienstag (27. März) als Mohnhaupts offiziellerEntlassungstermin vorgesehen, nach dem Gesetz sind Abweichungen um bis zu zwei Tage früher oder später aber möglich. Mohnhaupt sagte unmittelbar nach ihrer Entlassung, dass sie in Ruhe gelassen werden wolle. JVA-Leiter Deuschl widersprach einem Medienbericht, wonach sie künftig in Karlsruhe leben und arbeiten wolle: «Das wäre mir neu.» Der «Focus» hatte berichtet, Mohnhaupt könne in der badischen Metropole einen Job bei einem Autozulieferer-Betrieb annehmen, der dem Sohn einer Freundin gehöre. Angaben zu ihrem tatsächlichen künftigen Aufenthaltsort wollte Deuschl nicht machen.
Das Oberlandesgericht hatte entschieden, «dass unterBerücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit dieAussetzung zur Bewährung verantwortet werden kann». DieBewährungsfrist beträgt fünf Jahre. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine «fortdauernde Gefährlichkeit der Verurteilten». Dies hatten zuvor bereits die Bundesanwaltschaft und psychiatrische Gutachter festgestellt und eine Freilassung Mohnhaupts befürwortet.
Die 57-Jährige gehörte von 1977 bis zu ihrer Festnahme 1982 zurFührungsebene der RAF, zu der sie bereits 1970 gestoßen war.Mohnhaupt gilt als Rädelsführerin der Entführung und Ermordung desArbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977. Sie warim gleichen Jahr auch am Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Bubackund an der missglückten Entführung des Bankiers Jürgen Pontobeteiligt, auf den sie die tödlichen Schüsse abgab. Nach ihrerFestnahme wurde sie 1985 zu fünf Mal lebenslang plus 15 JahreFreiheitsstrafe verurteilt. Von ihren 24 Haftjahren verbrachteMohnhaupt 22 im Frauengefängnis in Aichach.
Deuschl gab zu bedenken, «dass der Weg in die Freiheit nach solanger Zeit alles andere als einfach ist». Auch der ehemaligehessische Justizminister und Anwalt des RAF-Mitglieds Jan-Carl Raspe,Rupert von Plottnitz (Grüne), prophezeite Mohnhaupt nach fastzweieinhalb Jahrzehnten Haft in der «Hessisch-NiedersächsischenAllgemeinen» (Montag) Schwierigkeiten: «Die Welt hat sich in dieserZeit doch sehr geändert, auch in vielen Alltagsdingen. Ohne Freundeoder Familie geht es kaum.»
Gleichzeitig sprach sich von Plottnitz gegen eine neue Debatteüber den RAF-Terror aus: «Die RAF ist längst Geschichte und nichtmehr Gegenwart.» Das Terrorjahr 1977 mit dem so genannten DeutschenHerbst, der von der Ermordung Schleyers und der Entführung derLufthansa-Maschine «Landshut» geprägt war, liegt inzwischen genau 30Jahre zurück. Am 7. April jährt sich die Ermordung von Buback, mitder die Mordserie ihren Anfang nahm.
Nach Mohnhaupts Entlassung sind mit Christian Klar (54), EvaSybille Haule (52) und Birgit Hogefeld (50) noch drei frühere RAF-Terroristen inhaftiert. Klar hofft auf eine Begnadigung durchBundespräsident Horst Köhler. Mit umstrittenen Äußerungen zur«Niederlage der Pläne des Kapitals» hatte er zuletzt eine kontroverseDebatte entfacht, ursprünglich für ihn vorgesehene Haftlockerungenwurden zunächst ausgesetzt.