Hildburghausen Landes-SPD enttäuscht über Abstimmung mit AfD
In Hildburghausen machen SPD-Kommunalpolitiker gemeinsame Sache mit Vertretern der AfD und bringen ein Abwahlverfahren gegen den linken Bürgermeister auf den Weg. Die Landes-SPD erkannte die Gefahr - scheiterte aber offensichtlich mit ihrer Intervention.
Hildburghausen - Trotz Warnungen der Thüringer SPD haben Sozialdemokraten in Hildburghausen zusammen mit Stadträten der AfD ein Abwahlverfahren gegen den dortigen linken Bürgermeister in Gang gesetzt. Bürgermeister Tilo Kummer (Linke) sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, er gehe davon aus, dass er das Abwahlverfahren überstehen werde. Bei der Stadtratssitzung am Donnerstagabend hatten alle anwesenden und stimmberechtigten Stadträte außer den sechs Linken-Mitgliedern für die Eröffnung des Abwahlverfahrens gestimmt. Zuvor hatte die Zeitung „Freies Wort“ darüber berichtet.
Nötig war eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die SPD-Abgeordneten hätten das Verfahren somit verhindern können. Thüringens SPD-Chef Georg Maier hatte seine Parteikollegen im Vorfeld davor gewarnt, gemeinsame Sache mit der AfD und Rechtsextremisten zu machen. Im Hildburghausener Stadtrat sitzt auch ein Mitglied der rechtsextremen Wählervereinigung Bündnis-Zukunft-Hildburghausen (BZH). Im Verfassungsschutzbericht 2019 wurde die Wählervereinigung als „führende rechtsextremistische Vereinigung im Landkreis Hildburghausen“ bezeichnet.
In dem Abwahlantrag hatten die Unterzeichner argumentiert, das Vertrauensverhältnis der Bürger zum Bürgermeister sei gestört. Besorgte Einwohner hätten sich teils persönlich an die Stadträte gewandt, weil sie mit seiner Amtsführung unzufrieden seien.
„Wer zusammen mit der AfD und Rechtsextremen einen Abwahlantrag gegen einen demokratisch gewählten Bürgermeister unterstützt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob das mit den antifaschistischen Grundwerten unserer Partei vereinbar ist“, erklärte Maier nach der Abstimmung. Der Demokratie und der SPD Thüringen sei dadurch Schaden zugefügt worden. Maier verwies auf Vermittlungsgespräche zwischen der Landes-SPD und dem Kreisverband, die eine Lösung haben erwarten lassen. „Umso größer ist unsere Fassungslosigkeit.“
Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss schriebt bei Twitter: „Lokale SPD stimmt mit #Nazis gegen links, Nazi freut’s.“ Sie forderte Konsequenzen.
Die stellvertretende Vorsitzende des Thüringer SPD-Landesverbandes, Cornelia Klisch, sagte, sie sei enttäuscht. Es habe mehrere Gesprächsangebote der Landes-SPD gegeben. „Es ist schade, dass die Bemühungen da von unserer Seite her nicht gefruchtet haben“, sagte sie.
Kummer selbst wies darauf hin, dass er erst vor zweieinhalb Jahren ins Amt gekommen sei. Es gebe in Hildburghausen angesichts der aktuellen Krisen wichtige Aufgaben zu lösen. „Das ist für die Stadt jetzt einfach verlorene Zeit“, sagte er. Zudem werde durch das Abwahlverfahren das Amt des Bürgermeisters „massiv geschwächt“. Wie die Zusammenarbeit im Stadtrat nach der Abstimmung weitergehen solle, sei unklar. Er monierte, dass das Abwahlverfahren aus seiner Sicht ohne triftige Gründe oder Verfehlungen von ihm forciert worden sei.
Das Abwahlverfahren sieht nun vor, dass die Kommunalaufsicht einen Termin für die Abstimmung festlegt. Abgestimmt werde über die Frage, ob Kummer abgewählt werden soll, erläuterte eine Sprecherin der Kommunalaufsicht im Landratsamt Hildburghausen. Mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten müsste sich dafür aussprechen, außerdem seien generell mehr Ja- als Nein-Stimmen nötig, damit Kummer abgewählt würde. Ist die Abwahl erfolgreich, käme es in einem nächsten Schritt zu einer Neuwahl des Bürgermeisters.