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Stadt zwischen den Gleisen Mit Video: Treffpunkt, Brennpunkt, Endstation - Was ist los am Hauptbahnhof Halle?

Der Hauptbahnhof Halle wurde 2023 zum besten Bahnhof Deutschlands gekürt. Wie sieht es hinter den Kulissen des Bahnhofs aus? Und wer hält ihn täglich am Laufen? Darin geht es in unserer neuen YouTube-Doku "Stadt zwischen den Gleisen", die am 24. April 2024 gestartet ist.

Von Rieke Wiemann Aktualisiert: 02.05.2024, 13:02
Am 24. April 2024 startet die neue YouTube-Doku "Stadt zwischen den Gleisen", produziert von Christian Kadlubietz (Autor/Schnitt), Alexander Pförtsch (Kamera) und David Behrendt (Ton). Darin geht es um Menschen, die am Hauptbahnhof Halle arbeiten.
Am 24. April 2024 startet die neue YouTube-Doku "Stadt zwischen den Gleisen", produziert von Christian Kadlubietz (Autor/Schnitt), Alexander Pförtsch (Kamera) und David Behrendt (Ton). Darin geht es um Menschen, die am Hauptbahnhof Halle arbeiten. Foto: DUR/MGM Digital

Halle (Saale). - Was haben eine Penispumpe, ein Riesendildo und eine Reisetasche voller rohem, blutigem Fleisch gemeinsam? All diese Dinge sind schon im Büro von Steffi Kain gelandet.

Kain arbeitet nicht im Erotikshop und auch nicht als Raubtierpflegerin im Zoo. Nein, sie leitet seit acht Jahren das Fundbüro im Hauptbahnhof in Halle.

Hierher kommen Sachen, die an Bahnhöfen und in Zügen im südlichen Sachsen-Anhalt gefunden werden. Dazu gehören Portemonnaies, Handys, Schlüssel, EC-Karten und Koffer ebenso wie Zahnspangen, Hörgeräte, Medikamente – und eben Kuriositäten wie eine Reisetasche gefüllt mit rohem Fleisch.

"Stadt zwischen den Gleisen": Neue YouTube-Serie über den Hauptbahnhof Halle

Diese wurde vor ein paar Monaten im Fundbüro abgegeben. „Das Fleisch war schon schimmelig“, sagt Kain in ihrem Büro im halleschen Hauptbahnhof. Sie trägt kurzes graues Haar und eine bordeauxfarbene Deutsche-Bahn-Weste über einem weißen Kurzarmhemd.

Aus der Reisetasche sei Blut herausgelaufen, sagt Kain und zeigt auf den PVC-Boden des Büros. „Die ganze Fundstelle hat gestunken.“ Kain habe „einen Haufen“ Raumspray gekauft und ständig gelüftet – es habe ewig gedauert, bis der Gestank weg gewesen sei.

Seit acht Jahren leitet Steffi Kain das Fundbüro im Hauptbahnhof Halle.
Seit acht Jahren leitet Steffi Kain das Fundbüro im Hauptbahnhof Halle.
Foto: MGM Digital/Alexander Pförtsch/Christian Kadlubietz

Mehr als 36.000 Reisende und Pendler fahren jeden Tag am Hauptbahnhof Halle ab oder kommen an. Sie kennen die Gleise, die Geschäfte, die Imbisse und Backshops. Doch kaum jemand kennt die Menschen, die im halleschen Bahnhof arbeiten und ihn tagtäglich am Laufen halten.

Hauptbahnhof Halle: Bester Bahnhof Deutschlands 2023

Um diese Menschen, zu denen auch Steffi Kain vom Fundbüro gehört, geht es in diesem Text – und in der fünfteiligen YouTube-Serie „Stadt zwischen den Gleisen“, die am 24. April startet. Die Doku-Serie ist ein gemeinsames Projekt der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme und Teil des neuen YouTube-Kanals „HIYA!“.

Den Hauptbahnhof hat das Bündnis „Allianz pro Schiene“ vergangenes Jahr zum besten Bahnhof Deutschlands gekürt. Es sei nicht nur das „imposante historische“ Gebäude, mit dem Halles Zugstation punkten könne, urteilte die Jury. Sie biete den Reisenden auch „Aufenthaltsqualität“.

Es gebe ausreichend Sitzmöglichkeiten und Steckdosen, ein gutes Einkaufsangebot und saubere Toiletten. Darüber hinaus lobte die Jury, dass die Fahrgäste QR-Codes an den Wänden scannen und daraufhin eine Playlist mit Songs wie „Hello, Goodbye“ von den Beatles herunterladen können.

Was Bundespolizist Emmrich bei seiner Arbeit im Bahnhof Halle erlebt

„Dass wir Bahnhof des Jahres geworden sind, daran haben alle ihren Anteil: von der Reinigungskraft bis zur Bundespolizei“, sagte Bahnhofsmanager Karsten Kammler nach der Verleihung.

Bei der Bundespolizei arbeitet etwa Christoph Emmrich. Das Revier befindet sich an Bahnsteig 7 des Hauptbahnhofs. Emmrich – 37 Jahre alt, markantes Gesicht, Glatze – hat gerade Frühschicht. Zusammen mit zwei Kollegen verlässt er die Wache und geht die Treppe zum Tunnel hinunter, der in die Eingangshalle führt.

Nach wenigen Sekunden führen die Beamten die erste Personenkontrolle des Tages durch. „Der sieht uns am Treppenabgang und wechselt die Seite“, sagt Emmrich, während er auf einen jungen Mann zugeht.

Christoph Emmrich arbeitet als Bundespolizist in Halle.
Christoph Emmrich arbeitet als Bundespolizist in Halle.
Foto: MGM Digital/Alexander Pförtsch/Christian Kadlubietz

„Schönen guten Morgen, hallo, die Bundespolizei. Sprechen Sie Deutsch oder Englisch?“, fragt der Beamte den Mann. „Deutsch“, antwortet er. „Ich führe mit Ihnen eine Personenkontrolle durch. Können Sie sich ausweisen?“, fragt Emmrich. Der Mann zeigt ihm seinen Ausweis.

„Mir ist aufgefallen: Wir sind nach unten gekommen, Sie sehen uns und wechseln die Seite. Das ist für mich erstmal ein auffälliges Verhalten“, erklärt der Bundespolizist den Grund für die Kontrolle. Dann bittet er den Mann, die Hand aus der Hosentasche zu nehmen. „Ich weiß nicht, ob irgendwas Gefährliches in Ihren Taschen ist, da geht's um meine Sicherheit.“

Hauptbahnhof Halle: Kriminalitätsschwerpunkt in Sachsen-Anhalt

In den Hosentaschen befindet sich nichts Gefährliches und auch sonst ist alles in Ordnung. „Vielen Dank für Ihre Kooperation“, sagt Emmrich zu dem Mann wünscht ihm einen schönen Tag, dann gehen die drei Bundespolizisten weiter.

Halles Bahnhof sei ein Kriminalitätsschwerpunkt in Sachsen-Anhalt, sagt Emmrich. Die Aufgabe der Bundespolizei sei es, „dauerhaft Präsenz zu zeigen und immerwährend Gefahren für die Reisenden abzuwehren“. Er und seine Kollegen hätten „sehr, sehr oft mit aggressiven Personen“ zu tun, sagt Emmrich.

"Wir haben sehr, sehr oft mit aggressiven Personen zu tun."

Christoph Emmrich, Bundespolizist

2022 wurden bei Auseinandersetzungen im Hauptbahnhof 46 Bundespolizisten angegriffen, davon 14 leicht verletzt. Im Jahr 2022 gab es insgesamt 205 Gewaltdelikte – so viele wie an keinem anderen Bahnhof in Sachsen-Anhalt. Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor.

Hauptbahnhof Halle: Wichtiger Verkehrsknotenpunkt in Mitteldeutschland

Dass es am Hauptbahnhof zu so vielen Straftaten kommt, liegt vor allem daran, dass hier täglich zehntausende Menschen unterwegs sind. Er ist einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Mitteldeutschlands: Von Halle nach Berlin braucht man mit dem ICE nur eine Stunde und zehn Minuten. Nach Köln sind es fünf, nach Wien sechseinhalb und nach Paris acht Stunden. Je mehr Menschen an einem Ort, desto mehr Straftaten.

Jeden Tag frequentieren 36.000 Menschen den Hauptbahnhof in Halle. Die YouTube-Serie "Stadt zwischen den Gleisen" schaut hinter die Kulissen.
Jeden Tag frequentieren 36.000 Menschen den Hauptbahnhof in Halle. Die YouTube-Serie "Stadt zwischen den Gleisen" schaut hinter die Kulissen.
Foto: MGM Digital/Alexander Pförtsch/Christian Kadlubietz

Zurück zu Steffi Kain, der Leiterin des Fundbüros. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch und schlägt ein Notizbuch mit der Aufschrift „Fundbuch 2024“ auf. Die Wände des Büros sind eierschalenfarben, die Fensterscheiben mit einer milchigen Folie abgeklebt. An der Pinnwand hängt ein DIN-A4-Zettel, auf dem in großen schwarzen Lettern steht: „Steffi findet ALLES!“

In den vergangenen 24 Stunden seien drei Rucksäcke, eine lila Geldbörse, zwei Handys, eine EC-Karte, eine Fahrradtasche und zwei Schlüsselbunde im Fundbüro abgegeben worden, sagt Kain. Alles, was nicht innerhalb von vier Wochen abgeholt wird, schickt sie zur zentralen Fundstelle der Deutschen Bahn nach Wuppertal. Nach Angaben des Konzerns gehen in Deutschland jährlich 250.000 Gegenstände an Bahnhöfen oder in Zügen verloren.

Fundbüro im halleschen Bahnhof: Was Leiterin Steffi Kain an ihrem Job liebt

Fragt man Kain, was sie an ihrem Job liebt, sagt sie: „Dass ich die Kunden glücklich machen kann.“ Viele Menschen, die Verlorenes im Fundbüro am Hauptbahnhof in Halle abholten, brächten eine Weinflasche als Dankeschön mit oder wollten ihr Trinkgeld geben. „Doch Trinkgeld dürfen wir nicht annehmen“, sagt Kain.

Dann erzählt sie von einem Kunden, der ihr 50 Euro Trinkgeld geben wollte – als Dankeschön dafür, dass er seine geliebte Kamera wiederbekam. Kain habe ihm erklärt, dass sie das Geld nicht annehmen könne, weil sie sonst Ärger mit ihrem Chef bekomme. Dann sei der Mann eine Woche später mit einem „riesengroßen Blumenstrauß“ vorbeigekommen und habe gesagt: „Und den kann Ihr Chef nicht verweigern!“

Steffi Kain und der Bundespolizist Christoph Emmrich sind nur zwei von unzähligen stillen Helden, ohne die der Hauptbahnhof in Halle nicht das wäre, was er heute ist – und ohne die er nicht die Auszeichnung „Bahnhof des Jahres“ erhalten hätte.

"Stadt zwischen den Gleisen": Jeden zweiten Mittwoch erscheint eine neue Folge

Da sind zum Beispiel noch Marlies Lang und ihre Kollegen von der Bahnhofsmission, die täglich Bedürftige mit belegten Brötchen versorgen, Reisenden beim Ein- oder Umsteigen helfen oder dabei, einen Kinderwagen die Treppe hinunter zu tragen.

Reinigungskraft Simone Springer gibt einen Einblick in ihren Arbeitsalltag am Hauptbahnhof Halle.
Reinigungskraft Simone Springer gibt einen Einblick in ihren Arbeitsalltag am Hauptbahnhof Halle.
Foto: MGM Digital/Alexander Pförtsch/Christian Kadlubietz

Da ist der Techniker Christian Möbius, der für die riesige Sprinkleranlage, die Heizungen und Fahrstühle im Hauptbahnhof zuständig ist. Da sind die Reinigungskraft Simone Springer, der Bahnhofsmanger Karsten Kammler, die Mitarbeitenden der Imbisse und Bäckereien, die Taxifahrer. Und da sind die Lokführer, die Tag und Nacht Reisende von A nach B bringen.

Wer mehr über diese Menschen erfahren will, wer sie sind, was sie bei ihrer Arbeit erleben und wie es hinter den Kulissen des Bahnhofes aussieht – etwa in den kilometerlangen Gängen unter dem Bahnhof –, der kann sich die Doku-Serie „Stadt zwischen den Gleisen“ auf YouTube anschauen. Die erste Folge erschien am 24. April und ist knapp 20 Minuten lang. Danach folgt jeden zweiten Mittwoch um 12.30 Uhr eine neue Episode.