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Angeblicher Vorfall bei einer Feier Vorwurf sexueller Belästigung - Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen CDU-Politiker Borgwardt ein

Der frühere Landtagsfraktionschef Siegfried Borgwardt soll eine Frau begrapscht haben. Die Staatsanwaltschaft schließt nun den Aktendeckel - und begründet das mit einem „Verfahrenshindernis“.

Von Hagen Eichler 27.03.2024, 17:54
Siegfried Borgwardt
Siegfried Borgwardt (Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Magdeburg/MZ - Im Fall einer vorgeworfenen sexuellen Belästigung ermittelt die Staatsanwaltschaft Magdeburg nicht länger gegen den früheren Chef der CDU-Landtagsfraktion, Siegfried Borgwardt. Das bestätigte die Behörde am Mittwoch auf MZ-Nachfrage. „Das Verfahren wurde bereits am 16. Januar mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt“, sagte Behördensprecher Armin Gebauer.

Konkret stützt sich die Staatsanwaltschaft darauf, dass der Strafantrag des mutmaßlichen Opfers zu spät eingegangen sei. „Es handelt sich um ein Antragsdelikt. Ein Geschädigter muss den Strafantrag innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis der Tat und des Täters stellen“, sagte Gebauer. Tatsächlich sei der Antrag aber fast zwei Jahre nach dem angezeigten Vorfall eingegangen.

„Ich freue mich, dass der Rechtsstaat funktioniert.

Siegfried Borgwardt (CDU)

Im Oktober des vergangenen Jahres hatte eine Frau schwere Vorwürfe gegen Borgwardt erhoben und diese mit einer eidesstattlichen Versicherung bekräftigt. Der „Magdeburger Volksstimme“ sagte sie, Borgwardt habe sich ihr am 19. Dezember 2021 bei einer Feier von hinten genähert, mit beiden Händen ihren Bauch umfasst, seinen Penis gegen sie gepresst und versucht, ihr in den Schritt zu greifen. Dass sie bis zu jenem Zeitpunkt auf eine Anzeige verzichtet hatte, erklärte sie mit Scham und der Angst, dass ihr nicht geglaubt werden könnte.

Borgwardt sagte der MZ damals, an einen solchen Vorfall könne er sich nicht erinnern. In seiner 21-jährigen Zeit als Abgeordneter habe es kein einziges derartiges Ereignis gegeben. Am Mittwoch begrüßte der Politiker die Einstellung des Ermittlungsverfahrens. „Ich freue mich, dass der Rechtsstaat funktioniert und ohne Ansehen der Person nach ausführlicher Prüfung entschieden hat“, sagte er der MZ.

Bis heute sei er nicht informiert, klagt Borgwardt

Zugleich zeigte er sich erstaunt, dass ihn die Staatsanwaltschaft bis heute, auch auf Nachfrage seines Anwalts, nicht über den Ausgang informiert habe. „Es wäre schön, wenn diese Entscheidung auch mir zugehen würde“, sagte der 66-Jährige.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat das Verfahren nach § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Diese Vorschrift wird in verschiedenen Fällen angewandt, etwa wenn eine Straftat gar nicht begangen wurde oder ein Täter nicht zu ermitteln ist, aber auch dann, wenn ein Verfahrenshindernis vorliegt. Zu letzterem zählen Juristen unter anderem einen zu spät eingegangener Strafantrag.

Staatsanwaltschaft sieht kein öffentliches Interesse

Zwar habe die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, trotz einer Verspätung zu ermitteln, sagte Behördensprecher Gebauer. „Voraussetzung wäre aber ein besonderes öffentliches Interesse, das wir hier nicht sehen.“

Borgwardt vertritt im Landtag den Wahlkreis Jessen. 2002 war er erstmals eingezogen, seither wurde er viermal wiedergewählt. 2016 stieg er zum Chef der CDU-Landtagsfraktion auf, bis er 2022 in einem Überraschungscoup von Guido Heuer verdrängt wurde. Das Verhältnis der beiden ist zusätzlich belastet, weil die Frau, die Borgwardt beschuldigt, eine Freundin von Heuers Familie ist und sich der Vorfall bei Heuers Geburtstagsfeier ereignet haben soll.