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Gegen DB und Hex durchgesetzt Gegen DB und Hex durchgesetzt: Privatbahn Abellio übernimmt Dieselnetz Sachsen-Anhalt

Von Steffen Höhne 14.12.2015, 12:24
Einer der neuen Züge, mit denen Abellio unterwegs ist.
Einer der neuen Züge, mit denen Abellio unterwegs ist. Biel Lizenz

Halle (Saale) - Beim Eisenbahn-Unternehmen Abellio können erneut die Sektkorken knallen: Der Bahn-Betreiber erhielt gestern den Zuschlag, ab Dezember 2018 das sogenannte Dieselnetz Sachsen-Anhalt zu betreiben. In einer europaweiten Ausschreibung setzte sich Abellio gegen die bisherigen Betreiber Transdev (Hex) und Deutsche Bahn durch. Nach Angaben der Landesgesellschaft Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa) liegt der Auftragswert bei rund einer Milliarde Euro. Abellio soll bis 2032 auf wichtigen Strecken wie Halle-Halberstadt-Goslar und Magdeburg-Wolfsburg fahren. Mit einem Leistungsvolumen von 8,6 Millionen Zugkilometern im Jahr gehört das Netz zu den großen in Sachsen-Anhalt. Am vergangenen Sonntag übernahm Abellio bereits das Saale-Thüringen-Südharz-Netz. Die Tochter der niederländischen Staatsbahn wird in Mitteldeutschland somit im Eisenbahn-Regionalverkehr ein gewichtiger Wettbewerber der Deutschen Bahn.

Mehr Komfort für Fahrgäste

Den Auftrag ausgeschrieben hatten das Land Sachsen-Anhalt, der Freistaat Thüringen und der Zweckverband Großraum Braunschweig. Sie zahlen auch für die Bereitstellung des Zugverkehrs. Dennoch versuchen die Länder mit den Bahn-Betreibern einen möglichst günstigen Preis auszuhandeln. Hier legte Abellio offenbar für die beiden ausgeschriebenen Lose A und B die besten Angebote vor. Der Preis entscheidet allerdings nicht allein. Ein weiteres Kriterium ist der Service.

Für die Fahrgäste bedeutet der Wechsel mehr Komfort: Die neuen Triebwagen sollen eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Kilometern pro Stunde erreichen. Zudem soll es laut Nasa, die für das Land Sachsen-Anhalt die Verträge aushandelt, eine großzügige und bequeme Bestuhlung geben. Qualitätsmerkmale sind zudem Platz für Räder, ein Fahrkartenautomat und Videokameras in allen Zügen. Um dies alles zu leisten, muss Abellio vor allem in neue Zugtechnik investieren. Damit sich dies rechnet, werden die Aufträge langfristig mit einer Dauer von 14 Jahren vergeben. Der Vertrag enthält auch zwei Strecken, über die erst 2016 abhängig von den dann verfügbaren öffentlichen Mitteln entschieden werden soll. Dabei handelt es sich um die Regionallinie 44 von Aschersleben nach Halberstadt und um die Regionallinie 48 von Bernburg über Calbe nach Magdeburg.

Das Nachsehen bei der Vergabe hatte Transdev mit dem Harz-Elbe-Express (Hex), die noch bis 2018 auf einem Teil des Netzes (Los A) fährt. „Alle Mitarbeiter sowie die Geschäftsführung der Transdev Sachsen-Anhalt GmbH sind zutiefst enttäuscht und traurig.“, teilte das Unternehmen mit. Seit zehn Jahren betreibt die Privatbahn das Nordharznetz. Vor allem die Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft. Abellio könnte das Zugpersonal übernehmen, muss es aber nicht. Das ist nicht Teil der Ausschreibung.

Staatskonzern verliert Marktanteile

Eine Schlappe ist die Vergabe auch für die Deutsche Bahn. „Wir haben in die Erstellung der Angebote sehr viel Energie gesteckt und sind überzeugt, ein attraktives Konzept erstellt zu haben. Um so mehr bedauern wir es, dass unser Angebot keine Berücksichtigung finden soll“, teilte die Bahn mit. 250 Mitarbeiter seien von der Entscheidung betroffen. Der ehemalige Monopolist verliert im Regionalverkehr in Sachsen-Anhalt immer mehr Marktanteile - Ende 2018 wird er auf 50 Prozent sinken.

Das Bahn-Unternehmen Abellio wollte sich gestern auf MZ-Anfrage nicht äußern. Die Vorsicht könnte daher rühren, dass die Wettbewerber noch zehn Tage lang Einspruch gegen die Vergabe erheben können. Beim S-Bahn-Netz II in der Region Halle/Leipzig hatte Abellio auch schon den Zuschlag erhalten. Die Bahn wehrte sich juristisch allerdings erfolgreich dagegen.

Ein großes Regional-Netz zu befahren, ist technisch auch anspruchsvoll. Beim Start der Abellio-Züge in Mitteldeutschland am Sonntag gab es einige Probleme, vor allem auf der Strecke von Bitterfeld über Halle nach Kassel. So gab es einen technischen Defekt an einem Triebwagen. Zudem hat es laut Abellio eine „mangelhafte Netzdisposition“ der Deutschen Bahn gegeben. So gab es auf einigen Strecken Probleme mit der Zugreihenfolge. (mz)